Apothekenhonorar

Musterprozess zum Kassenabschlag Alexander Müller, 04.02.2012 09:10 Uhr

Berlin - 

Die Treuhand Hannover rät von massenhaften Klagen gegen Krankenkassen wegen der verspäteten Rückzahlung der Kassenabschläge im Jahr 2009 ab. Zu unsicher sind aus Sicht der Steuerberatergesellschaft die Aussichten auf Erfolg. Vollkommen abwegig ist das Vorgehen aber aus Sicht der Treuhand nicht: Ein kooperierender Rechtsanwalt führt sogar schon ein Musterverfahren vor dem Sozialgericht Berlin. Dr. Johannes Kevekordes hat im Auftrag eines Apothekers vier Kassen verklagt, die ihre Rechnungen zu spät bezahlt hatten.

 

Hintergrund ist der Schiedsspruch vom 21. Dezember 2009, mit dem der Kassenabschlag von 2,30 auf 1,75 Euro gesenkt wurde. Noch immer wird vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) um die Umsetzung gestritten. Doch im Eilverfahren hatte das Gericht die sofortige Vollziehung angeordnet. Bei der Rückabwicklung der 2009 zu viel gezahlten Abschläge hatten einige Krankenkassen jedoch die Zehn-Tages-Frist überschritten.

Die Steuerberatergesellschaft Apo-Audit will die Kassen deshalb im großen Stil auf die erneute Zahlung der Differenz von 55 Cent verklagen. Denn laut dem Sozialgesetzbuch hätten die Kassen keinen Anspruch auf den Abschlag, wenn sie ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlen. An vereinzelte Kassen hat die Apo-Audit bereits im Auftrag von Apothekern Zahlungsforderungen geschickt.

 

 

Aus Sicht der Treuhand ist der Erfolg einer Klage aus mehreren Gründen ungewiss: Fraglich sei, ob die Zahlungsfrist überhaupt für Sonderrechnungen gelte. Zudem hätten die Kassen zur Abwicklung weitere Datensätze gefordert, was die Zahlungsfrist nach hinten verschieben könne.

Vor allem aber hänge ein möglicher Anspruch der Apotheker vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens ab, warnt Kevekordes, der seit Jahren mit der Treuhand kooperiert: Sollte das Bundessozialgericht (BSG) den Schiedsspruch endgültig aufheben, sei der Beschluss zur sofortigen Vollziehung hinfällig. „Dann müssten die Apotheken alles zurückzahlen“, so der Rechtsanwalt. Besser seien die Aussichten, wenn das LSG den Schiedsspruch – entgegen der ersten Instanz – bestätigen würde. Dann seien Klagen durchaus angemessen, denn schließlich könnten die Ansprüche bis zu einer letztinstanzlichen Klärung verjährt sein.

Bis mehr Sicherheit besteht, will Kevekordes sich aber auf sein Musterverfahren beschränken. Er vertritt einen Apotheker vor dem Sozialgericht Berlin in vier Verfahren gegen die AOK Niedersachsen, die Barmer GEK, die Techniker Krankenkasse sowie die DAK. Anders als Apo-Audit fordert Kevekordes bei den verspäteten Zahlungen die Rückerstattung des gesamten Abschlags von 1,75 Euro. Dabei geht es um vier- bis fünfstellige Beträge pro Kasse.