APOTHEKE ADHOC Umfrage

Fristlos ist „ultima ratio“ APOTHEKE ADHOC, 30.09.2015 17:20 Uhr

Berlin - 

Eine fristlose Kündigung ist nur in den seltensten Fällen rechtskräftig und landet häufig vor dem Arbeitsgericht. Auch die Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC scheuen die härteste aller Disziplinarstrafen: Eine fristlose Kündigung kommt für die meisten nur bei besonders schweren Regelbrüchen in Frage.

80 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC sind der Meinung, eine fristlose Kündigung sei die „ultima ratio bei schweren Verstößen“. 8 Prozent bewerten das gegenteilig: Die Maßnahme sei „eine gute Sache“ und sollte konsequent genutzt werden.

Weitere 8 Prozent sehen kein Sinn in fristlosen Kündigungen: „Lässt sich ohnehin nicht durchsetzen“, meinen sie. 3 Prozent finden eine fristlose Entlassung „unfair“. Sie benachteilige die Arbeitnehmer. Am 22. und 23. September 2015 nahmen 181 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC an der Umfrage teil.

„Generell ist eine fristlose Kündigung ganz selten und vor den Arbeitsgerichten kaum durchzusetzen“, erklärte Adexa-Rechtsanwältin Minou Hansen. Eine oder mehrere wirksame Abmahnungen müssten fast immer vorausgegangen sein. „Eine Ausnahme könnte allenfalls ein so gravierender Verstoß wie der Griff in die Kasse sein.“

Aber selbst bei Diebstahl ist die fristlose Kündigung nicht automatisch legitim. Entscheidend ist nicht der Wert der Sache, sondern die Einschätzung, ob die Einhaltung der Kündigungsfrist „nicht zugemutet“ werden kann. War ein Mitarbeiter etwa jahrzehntelang zur Zufriedenheit des Chefs angestellt, wird sich kaum begründen lassen, warum dieses Vertrauensverhältnis wegen eines eingesteckten Pröbchens zerstört sein soll.

Eine Rolle spiele auch die Kündigungsfrist, erklärte Hansen. „Eine außerordentliche Kündigung wird nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, die restliche Zeit mit dem Mitarbeiter im Betrieb zu verbringen.“ Bei einer einmonatigen Frist wäre das weniger wahrscheinlich als bei einer sechs- oder siebenmonatigen Kündigungsfrist.

Wenn eine fristlose Kündigung nicht durchgesetzt werden kann, wäre in Betrieben, wo das Kündigungsschutzgesetz gilt, laut Hansen eine verhaltensbedingte Kündigung denkbar. Hier gelten die normalen Kündigungsfristen. „Auch diese ist aber nicht ohne weiteres umsetzbar, sondern setzt eine Abmahnung des unerwünschten Verhaltens voraus“, so Hansen.

Wie schwierig eine fristlose Kündigung umzusetzen ist, zeigt der Fall der Bürokauffrau und ihrer Gewinnspiel-Anrufe: Die Richter stellten zwar klar, dass es sich bei Anrufen bei einer kostenpflichtigen Hotline um eine Pflichtverletzung handelte. Da die Privatnutzung im Unternehmen aber nicht geregelt war und die Frau nur in ihrer Pause telefoniert hatte, wurde die fristlose Kündigung für unwirksam erklärt.

Hansen rät: „Arbeitgeber sollten klare Regeln zur Nutzung von Kommunikations- und Online-Medien wie PC, Handy oder Tablet in der Apotheke aufstellen, damit die Mitarbeiter wissen, was erlaubt ist und was nicht.“ Das gelte sowohl für die Arbeitszeit als auch für Pausenzeiten.

Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht, erklärt, Privatgespräche vom Diensttelefon seien grundsätzlich verboten. „Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber Privatgespräche ausdrücklich erlaubt hat.“ Um keinen Ärger zu bekommen, frage man am besten beim Vorgesetzten nach, rät sie. Eine Kündigung sei in den meisten Fällen erst nach vorheriger Abmahnung zulässig.

Wie viele Minuten Privatgespräch erlaubt sind, lasse sich nicht pauschal sagen, so Oberthür. Sie sollten angemessen sein. „Kurz eine Verspätung anzukündigen, ist in der Regel kein Problem. Eine halbe Stunde Telefonat mit der Oma in Rumänien schon.“