Sonntagsdienst

KKH retaxiert Notdienstgebühr Nadine Tröbitscher, 18.07.2018 10:05 Uhr

Berlin - 

Martin Meirer ist seit 15 Jahren mit Leib und Seele Apotheker. Der Inhaber der Volker- und der Löwen-Apotheke in Alzey ist seit sieben Jahren selbstständig. In den vergangenen Jahren hat Meirer den Wandel vom Heilberufler zum Bürokratismus miterlebt, dennoch stehen für den Apotheker der Patient und die Gesundheit im Mittelpunkt. Den Sparwahn aus Meirers Sicht hat die KKH nun aber auf die Spitze getrieben – dem Apotheker wurde die Notdienstgebühr retaxiert.

„Ich erinnere mich genau an meinen Sonntagsdienst am 25. Februar. Es war Einiges zu tun“, erzählt Meirer. „Wenn viel los ist, haben wir im Notdienst bis zu 20 Rezepte allein von Kinderärzten.“ So auch an diesem Tag. In Alzey und im ländlichen Umland zwischen Mainz und Worms gibt es einige Pädiater, die sich zu einem Verbund organisiert haben, teilweise über zehn Kilometer von Alzey entfernt. Außerhalb der Sprechzeiten werden die Eltern auch an die Notaufnahmen der Krankenhäuser verwiesen. Dann stehen sie oft gestresst mit ihrem fiebrigen, weinenden Kind und dem Rezept in der Apotheke.

Nicht immer kreuzen die Kinderärzte das Noctu-Feld an. Es obliegt also dem Apotheker, die Notdienstgebühr von den Eltern einzufordern. Wie viele Kollegen geht Meirer einen anderen Weg. „Im Team haben wir besprochen, den ohnehin schon gestressten Eltern nicht auch noch die Notdienstgebühr am Sonntag in Rechnung zu stellen, sondern diese zu Lasten der Kassen abzurechnen, auch wenn Noctu nicht angekreuzt ist. Als zweifacher Vater und Leiter einer Mutter-Kind-Apotheke gibt es keine Diskussion“, sagt Meirer. 15 Jahre lang wurde das auch seitens der Kassen nicht beanstandet. Die KKH macht den Anfang und retaxierte die 2,50 Euro, die Meirer ohne Noctu-Kreuz zusätzlich zum Paracetamol-Saft abrechnete.

Gegen die Retaxation hat der Apotheker Einspruch eingelegt. „Es geht mir nicht um die 2,50 Euro, sondern um die Sache an sich. Die Retax ist unangemessen, es fehlt die Relation. Erst die Bearbeitung durch Mitarbeiter der Krankenkasse und dann noch einen Brief für 70 Cent zu verschicken, der eine Retaxation von 2,50 Euro beinhaltet.“ Dabei steht den Apothekern die Notdienstgebühr zu.

Seinem Ärger macht der Apotheker auch auf Facebook Luft: „Unglaublich, was in unserem Gesundheitswesen mittlerweile passiert und schade, dass es nicht endlich mal häufiger kund getan wird […] Jetzt wird uns von der KKH der horrende Betrag von 2,50 Euro gestrichen; und zwar dafür, dass wir am Sonntag Dienst schieben und uns erdreistet haben, die fällige Gebühr für den Bereitschaftsdienst nicht den ohnehin gestressten Eltern, sondern der Krankenkasse in Rechnung gestellt haben!!“

Von den Kollegen erhält Meirer viel Zuspruch. „Noctu-Gebühr, Festbetragsaufzahlungen für Nasenspray, Rabattverträge… sämtliche mehr oder weniger sinnvollen Regelungen der Krankenkassen darf die Apotheke den Kunden beibringen. Auf die Notdienstgebühr gänzlich zu verzichten, ist aber auch nicht der richtige Weg. Wir leisten gerne unseren Beitrag für unsere Kunden, dennoch müssen die eigenen Kinder den ganzen Tag auf ihren Papa verzichten.“

Grundsätzlich dürfen Apotheken die Gebühr nur für die Inanspruchnahme in der Zeit von 20 bis 6 Uhr kassieren, sowie an Sonn- und Feiertagen. Fällt der 24. Dezember auf einen Werktag, kann die Gebühr bis 6 Uhr morgens und dann wieder ab 14 Uhr erhoben werden. Die Apotheken müssen die Gebühr auf dem Rezept vermerken, ebenso die Sonder-PZN 02567018. Anzugeben ist auch die Zeit der Inanspruchnahme des Notdienstes. Von der Notdienstgebühr zu trennen ist die Notdienstpauschale, die Apotheker unabhängig von der Inanspruchnahme erhalten.