Ruhestand nach 35 Jahren

Keine Barrierefreiheit, kein Nachfolger Cynthia Möthrath, 07.10.2020 10:38 Uhr

Für Erwin und Claudia Sommer geht eine lange Ära in der Stadt-Apotheke in Dietfurt zu Ende. Foto: Privat
Berlin - 

Apotheker Erwin Sommer hat am vergangenen Mittwoch für immer die Türen seiner Stadt-Apotheke im bayerischen Dietfurt geschlossen. Gemeinsam mit seiner Frau Claudia blickt er auf schöne, aber auch fordernde Zeiten zurück.

Für Sommer gibt es gleich mehrere Gründe aufzuhören: Zum einen hat er das Rentenalter erreicht, zum anderen lohnen sich anstehende Investitionen für den Apotheker nicht mehr. Um für das E-Rezept und TSE gewappnet zu sein, müsste er noch Einiges an Geld ausgeben. „Das rentiert sich einfach nicht mehr“, erklärt er.

Alte Strukturen erschweren Nachfolgersuche

Außerdem merke er in seinem Alter die 10-Stunden-Tage in der Apotheke. Hinzu kommt der Notdienst, welcher aufgrund der ländlichen Lage alle neun Tage bei der Apotheke liegt. „Ab einem gewissen Alter wird das anstrengend, ich bin abends hundsmüde“, meint er. Ein Nachfolger lasse sich schwer finden, da Sommer bisher vom Bestandsschutz für seine Apotheke profitiert. Ein neuer Inhaber müsste sie zunächst barrierefrei machen, außerdem befindet sich über der Apotheke eine Wohnung, die nur über die Offizin zu erreichen ist. Es kommen also viele Aspekte zusammen.

„Der Beruf an sich hat mir immer richtig Spaß gemacht“, meint Sommer. Auch das Pharmaziestudium habe er als spannend und abwechslungsreich empfunden. Zusammen mit seiner Frau, die ihn als PTA in der Apotheke unterstützt hat, wurde die Kundschaft stets mit Herzblut versorgt. „Außerdem mochte ich den Umgang mit den Menschen – man wurde immer wieder neu gefordert.“ Mit der Zeit habe sich jedoch Einiges in der Apothekenwelt getan. „Anfangs war es noch einfacher“, findet er.

Mit dem Einzug der Technik sei schließlich auch immer mehr Hektik in die Apotheke gekommen und vieles sei komplizierter geworden. Auch die stetig wachsende und ausufernde Bürokratie sei ein wesentliches Hindernis geworden. In den letzten Jahren habe er teilweise mehr Zeit am Schreibtisch als mit seinen Kunden verbracht. „Das ist wirklich Wahnsinn“, meint er. Auch die Versandapotheken seien ein zunehmendes Problem.

Ruhestand mit lachendem und weinendem Auge

Obwohl die Türen nun geschlossen sind, sei noch Einiges nachzuarbeiten, bevor er „die Füße hochlegen“ könne. Danach freut sich der Apotheker auf seine neugewonnene Freizeit: „Ich war schon immer ein Heimwerker mit Begeisterung, außerdem habe ich das Lesen wieder für mich entdeckt“, berichtet er. Zudem möchte er sein kreatives Hobby, die Malerei, wieder aktivieren und mehr Zeit mit der Familie verbringen. Sommer fällt ein weiterer Pluspunkt ein: „Ich bin eher ein Nachtmensch und muss dann nicht mehr so früh aufstehen“, lacht er. Insgesamt falle die starre Tagesstruktur weg und er gewinne an Flexibilität. „Ich glaube, dann fällt viel von einem ab.“

Auch wenn der Ruhestand mit vielen positiven Dingen lockt, so wird Sommer dennoch den Kundenkontakt vermissen. Der Abschied in den vergangenen Wochen sei sehr emotional gewesen. Einige Kunden hätten sogar Tränen vergossen, weil das Verhältnis sehr familiär gewesen sei.