Ein Retaxrisiko weniger

Kein „A“ mehr: BMG streicht BtM-Höchstmengen Patrick Hollstein, 27.10.2022 10:14 Uhr

Das fehlende A soll kein Retaxgrund mehr sein, denn das BMG will die Höchstmengen bei BtM streichen.
Berlin - 

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will die Höchstmengen bei Betäubungsmitteln (BtM) streichen. Das geht aus einem Entwurf zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) hervor. Für die Apotheken bedeutet das weniger Prüfaufwand – und weniger Retaxrisiko.

Die bisherigen Höchstverschreibungsmengen sind laut BMG „als Kontrollinstrument entbehrlich“ und sollen aufgehoben werden: „In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Vorgabe aufgrund der fortschreitenden medizinischen Entwicklung zu keiner höheren Sicherheit für den Betäubungsmittelverkehr geführt hat, sondern insbesondere mit einem verzicht- und vermeidbaren erhöhten Bürokratieaufwand für die verschreibenden Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker einhergeht.“

Daher sollen die Regelungen in den §§ 2 bis 4 BtMVV über ärztliche Höchstverschreibungsmengen und Verschreibungszeiträume bestimmter Betäubungsmittel der Anlage III gestrichen werden. „Für die Verschreibungspraxis der Ärztinnen und Ärzte sind die arzneimittelrechtlichen Dosierungsvorgaben des jeweiligen betäubungsmittelhaltigen Arzneimittels maßgeblich und ausreichend. Durch den Wegfall der Regelungen zu den Höchstverschreibungsmengen werden zudem verzicht- und damit vermeidbare bürokratische Aufwände und Hürden abgebaut.“ Dies stelle eine nachhaltige Erleichterung bei der Verschreibung dar; in Apotheken reduzierten sich die Kontrollaufgaben für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Kein „A“ mehr aufs Rezept

Damit entfällt laut BMG auch die Ausnahmeregelung, nach der eine Überschreitung der Höchstverschreibungsmenge für den Zeitraum von 30 Tagen im Einzelfall begründet, dokumentiert und die Verschreibung mit einem „A“ gekennzeichnet werden muss. „Diese Kontrollaufgaben für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Apotheken und das Risiko von Regressforderungen durch die GKV beim Überschreiten der zulässigen Höchstverschreibungsmengen wird durch diese Neuregelung gemindert.“

Abweichende Darreichungsformen

Zudem werde „Fortentwicklungen in der Medizin, insbesondere der Entwicklung neuer Arzneimittel einschließlich unterschiedlicher Darreichungsformen und Dosierungen“, Rechnung getragen: Die bisherigen Höchstverschreibungsmengen galten nämlich unabhängig von der jeweiligen Darreichungsform. „Dies führte dazu, dass zum Beispiel die Höchstverschreibungsmenge für ein Fentanyl-Pflaster zutreffend, für ein Fentanyl-Injektionspräparat jedoch um ein Vielfaches zu hoch ist. Damit ist die wissenschaftliche Begründbarkeit für verordnungsrechtliche Höchstverschreibungsmengen in vielen Fällen nicht mehr gegeben, was verordnungsrechtlichen Änderungsbedarf auslöst.“

Zudem sei es bei Generika wegen der Verwendung unterschiedlicher Salze desselben Betäubungsmittels vorgekommen, dass in Einzelfällen bereits bei einer mit der Zulassung adäquaten Verschreibungsmenge die Höchstmenge überschritten wurde. „Dadurch kam es in Einzelfällen zu Retaxierungen und Regressforderungen der Kostenträger.“

Lockerungen für Substitutionstherapie

Nicht zuletzt hätten die Erfahrungen mit den befristeten Ausnahmeregelungen zur Substitutionstherapie gezeigt, dass mehr Flexibilität die erfolgreiche Behandlung begünstigen könne, ohne dass es hierdurch zu einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs komme. Daher sollen sie dauerhaft in die BtMVV überführt werden. Hier erhofft sich das BMG einen positiven Effekt auf die Teilhabe der Patientinnen und Patienten am gesellschaftlichen Leben sowie eine erhöhte Motivation der in diesem Bereich engagierten Ärztinnen und Ärzte.