Einziges hochdosiertes Jod-Präparat

Kaliumiodid Lannacher: Nachfrage explodiert, AMK warnt Cynthia Möthrath, 02.03.2022 09:32 Uhr

Die Nachfrage zu Kaliumiodid Lannacher ist in den vergangenen Tagen explodiert. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die Nachfrage zu Jod-Präparaten ist in den vergangenen Tagen ins Unermessliche gestiegen. Das bestätigt auch G.L. Pharma, der Hersteller des einzigen hochdosierten Präparates Kaliumiodid Lannacher. Man arbeite mit Hochdruck an Nachschub – Grund zur Panik bestehe jedoch nicht. Mittlerweile warnt auch die AMK vor der eigenmächigen Einnahme.

In einigen Apotheken ist die Nachfrage zu Jod-Präparaten bereits gestiegen, andere spüren noch gar nichts von einer aufkommenden Panik. Regional gibt es große Unterschiede: Während in der Hauptstadt kaum noch Jodid-Präparate lieferbar sind, scheint es in anderen Teilen Deutschlands noch keine Probleme zu geben.

Nur ein hochdosiertes Präparat auf dem Markt

Ausnahme stellt das hochdosierte Jod-Präparat von der Firma Gerot Lannach Pharma dar – hier sind die Engpässe umfangreich: Im Vergleich zu allen anderen freiverkäuflichen Präparaten – welche nur geringe Mengen Kaliumiodid enthalten – beinhaltet Kaliumiodid Lannacher ganze 65 mg. Es ist damit das einzige Arzneimittel, welches bei radioaktiven Unfällen zum Einsatz kommen kann. Die übrigen Präparate sind für die notwendige Iod-Blockade schlichtweg zu niedrig dosiert.

Seit Freitag steigen beim österreichischen Hersteller die Anfragen extrem an. Die Telefone stehen nicht mehr still: Sowohl Apotheken wie auch Privatleute würden in großer Sorge anrufen – die Stimmung reiche dabei von verzweifelt bis aggressiv. „Wir erfahren eine unglaubliche Nachfrage und arbeiten mit Hochdruck daran, diese zu decken“, erklärt eine Sprecherin. Der Hersteller bittet daher aktuell von weiteren Nachfragen abzusehen.

Bestellung über den pharmazeutischen Großhandel

Obwohl immer ein gewisser Puffer zur Verfügung stehe, sei auch dieser aufgrund der explodierenden Nachfrage aktuell vergriffen. In Deutschland könne das Präparat über den pharmazeutischen Großhandel bestellt werden. Aktuell hätten jedoch nicht mehr alle Niederlassungen Ware im Lager. Nächste Woche soll bereits Nachschub kommen. Der Hersteller geht jedoch davon aus, dass die Ware künftig kontingentiert wird, damit sie breitflächig verteilt werden kann.

Behörden lagern Kaliumiodid für Notfälle

Da der Hersteller als einziger ein hochdosiertes Jod-Präparat anbietet, sei die akute Nachfrage nicht innerhalb weniger Tage zu bewerkstelligen. Man arbeite jedoch daran, die Produktion von Kaliumiodid Lannacher vorzuziehen, um den Bedarf schnellstmöglich wieder decken zu können. Trotz der angespannten Liefersituation bestehe jedoch kein Grund zur Sorge, denn das Produkt werde für Notfälle in größeren Mengen behördlich gelagert. Außerdem werde kontinuierlich weiterproduziert, sodass regelmäßig mit Nachschub zu rechnen ist.

AMK warnt vor eigenmächtiger Einnahme

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) warnt aktuell vor der eigenmächtigen Einnahme von Jod-Präparaten: „Apotheker raten von der selbständigen Einnahme von Jodtabletten, um sich vor einer vermeintlichen Belastung mit radioaktivem Jod zu schützen, dringend ab“, erklärt Professor Dr. Martin Schulz, Vorsitzender der AMK. „Eine Selbstmedikation birgt erhebliche gesundheitliche Risiken, hat aktuell aber keinerlei Nutzen.“

Auch die AMK verweist auf die behördliche Bevorratung: „Die für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden haben 189,5 Millionen hochdosierte Kaliumiodidtabletten bevorratet, um diese bei Bedarf an die Bevölkerung auszugeben.“ Wichtig sei auch: „Die Tabletten dürfen erst nach Aufforderung durch die Behörden eingenommen werden.“ Dabei schütze die Einnahme ausschließlich vor der Aufnahme von radioaktivem Jod in die Schilddrüse – nicht jedoch vor der Wirkung anderer radioaktiver Stoffe, wie zum Beispiel Caesium 137, Strontium 90 oder Plutonium.

„Derzeit gibt es in Deutschland keine rationale Begründung für die Einnahme hochdosierter Jod-Präparate auf Grund der Situation in der Ukraine, da keine Belastung durch radioaktives Jod gegeben ist.“ Aufgrund der Entfernung zur Ukraine sei auch nicht damit zu rechnen, dass die Einnahme von Jodtabletten erforderlich werde. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hatte vor wenigen Tagen von der Einnahme abgeraten.