Inkontinenzhilfen

BAV: Hilfsmittel sind kein „Wunschkonzert“ APOTHEKE ADHOC, 26.08.2014 12:50 Uhr

Berlin - 

Der Bayerische Apothekerverband (BAV) hat sich mit der AOK auf einen neuen Hilfsmittelvertrag geeinigt. Apotheker, die dem Vertrag beitreten, erhalten deutlich weniger Geld für die Versorgung: Die Pauschale für die Versorgung erwachsener Patienten mit Harninkontinenz etwa sinkt von 33,50 auf 25 Euro. Der BAV betont: Auch die Leistungsvoraussetzungen seien geringer.

Die AOK hatte den derzeit noch gültigen Hilfsmittelvertrag im Juni zu Ende September gekündigt. Nach „intensiven Verhandlungen“ habe man sich auf einen neuen Vertrag geeinigt, teilte der BAV seinen Mitglieder mit. Dabei habe man „an einer Reihe von Stellen im Vertragstext noch Korrekturen zu Gunsten der Apotheker anbringen können“.

Die AOK habe einen Paradigmenwechsel vollzogen und die sehr weitreichenden Qualitätserfordernisse des alten Vertrags deutlich reduziert, betont der BAV. So sei kein Qualitätsmanagementsystem mehr vorgeschrieben. Bislang mussten Apotheker über ein zertifiziertes QMS verfügen.

Auch die personellen Anforderungen seien geringer geworden, erklärt der BAV. Nach dem alten Vertrag mussten Apotheker und PTA an einer viertägigen Fortbildung teilnehmen, die BAV und Krankenkassen vereinbart hatten. Künftig müssen Apotheker sicherstellen, dass ihr Personal durch regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen auf dem neuesten Stand ist.

Eine Erleichterung ist laut BAV auch, dass das erste Beratungsgespräch nicht mehr persönlich stattfinden muss, und demzufolge auch am Telefon geführt werden kann: „Insgesamt ist der Vertrag in vielen Punkten einfacher und kürzer geworden als der alte Vertrag.“

Apothekerin Kathrin Würfl aus Erding, die Delegierte der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) ist, kann diese Argumente nicht nachvollziehen: Der Verzicht auf das QMS ist aus ihrer Sicht irrelevant, da dies für Apotheken ohnehin in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorgeschrieben sei.

Telefonische Beratungsgespräche hält sie nicht für sinnvoll, da sie mit den oft älteren und schwerhörigen Patienten schwierig zu führen seien und keine Miktionsprotokolle mitgegeben werden könnten. Die Erleichterungen muten aus ihrer Sicht so an, als solle der Vertrag für Versender und andere Leistungserbringer geöffnet werden.

Würfl kritisiert außerdem, dass Patienten bereits heute in schweren Fällen Zuzahlungen leisten müssen. Sie befürchtet, dass künftig wegen der niedrigeren Pauschale noch mehr Patienten draufzahlen müssen. So gebe es für Kinder neuerdings eine Pauschale von 38 Euro; bislang habe die Kasse bis zum Festbetrag gezahlt.

So richtig zufrieden scheint man auch beim Verband mit den deutlich abgesenkten Monatspauschalen nicht zu sein: „Das Hilfsmittelgeschäft ist bekanntlich kein 'Wunschkonzert'“, heißt es in dem Schreiben an die Mitglieder. Die Marktbedingungen seien von einem harten Wettbewerb gekennzeichnet. Der BAV habe in diesem Umfeld nicht die Verhandlungsspielräume, die er sich wünsche.

„Sie müssen selbst prüfen, ob Sie zu den Konditionen des neuen Vertrags noch liefern wollen“, fordert der Verband seine Mitglieder auf. Diese Entscheidung obliege der wirtschaftlichen Beurteilung der Apotheker. Diese können laut BAV ihre Beitrittserklärung auf bestimmte regionale Bereiche wie ihre Gemeinde, bestimmte Postleitzahlengebiete oder Landkreise eingrenzen. Außerdem akzeptiert die AOK demnach, wenn Apotheken ihren Beitritt nur für Bestandskunden erklären.

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