Chefin mit britischer Mutante infiziert

Inhaberin mit Corona: Apotheke kurz geöffnet Carolin Ciulli, 06.04.2021 15:17 Uhr aktualisiert am 07.04.2021 14:16 Uhr

Arbeiten trotz Corona: Apothekerin Susann Walter versorgte Kunden durch die Notdienstklappe. Foto: Fröbel-Apotheke
Berlin - 

FFP3-Maske, Schutzanzug und Handschuhe: Apothekerin Susann Walter hat vor einer Woche trotz einer Infektion mit Covid-19 in ihrer Fröbel-Apotheke die Stellung gehalten. Am nächsten Tag verbot ihr das Gesundheitsamt die Öffnung – jetzt arbeitet sie von zu Hause aus. Mithilfe eines Vertretungsapothekers konnte sie ihren Betrieb heute wieder öffnen.

Arbeiten trotz Corona – für Walter kam das in Frage. Als sie sich am Montag vor einer Woche wie immer routinemäßig mit einem Antigen-Schnelltest untersuchte, zeigten sich plötzlich zwei Striche auf der Testkassette. Ein PCR-Test bestätigte das Ergebnis: Walter hatte sich mit dem Coronavirus infiziert. Bei ihr wurde die britische Virusvariante B.1.1.7 festgestellt, die laut Robert Koch-Institut leichter von Mensch zu Mensch übertragbar ist als die zuvor zirkulierenden Varianten und eine höhere Reproduktionszahl aufweist, sodass ihre Ausbreitung schwerer einzudämmen ist.

Die Apothekerin informierte ihre Mitarbeiter und schloss die Apotheke. „Ich hatte keine Symptome, das war ein Zufallstreffer“, sagt sie. Beschwerden – außer leichte Erkältungserscheinungen – habe sie nicht. Die Inhaberin und ihre Angestellten testen sich jeden Montag selbst. Am darauffolgenden Dienstag öffnete sie den Betrieb in Absprache mit dem Gesundheitsamt am Nachmittag wieder. Die Vertretung des Amtsleiters hatte die Öffnung laut Walter erlaubt. Das Gesundheitsamt wollte sich auf Nachfrage nicht äußern.

„Ich habe alleine in der Apotheke gearbeitet und unter Vollschutz Kunden über die Notdienstklappe bedient“, sagt sie. Sie habe eine FFP3-Maske, Handschuhe und einen Schutzanzug getragen. Zudem informierte sie ihre Kunden über die Infektion. „Das hat sich hier auf dem Dorf ohnehin schnell herumgesprochen.“ Die Fröbel-Apotheke liegt in Oberweißbach im Thüringer Wald. Die nächste Apotheke ist rund 15 Kilometer entfernt.

Die Reaktionen seien nicht abwehrend gewesen. „Die Kunden waren froh, dass sie ihre Arzneimittel bekommen haben.“ Manche hätten skeptisch geschaut. Eine Ansteckung schließt sie aus. „Ich hatte einen Vollschutz an und die Kontaktzeit war sehr gering.“ Das Gesundheitsamt revidierte die Entscheidung jedoch schnell und verbot der Inhaberin die sogenannte „Arbeitsquarantäne“. „Am Mittwoch rief der Amtsarzt an und forderte die Schließung“, sagt sie. Die Öffnung sei „zu gefährlich.“

Walter akzeptiert die Schließungsanordnung. Die Pharmazeutin, die den Betrieb erst vor zwei Monaten übernahm, wünscht sich jedoch in der Pandemiezeit Lockerungen für die Aufsichtspflicht. „Es ist hier auf dem Land sehr schwer, Apotheker zu finden.“ Sie beschäftigt keine weiteren Approbierten und ist ohnehin auf Personalsuche. Mit Hilfe eines Vertretungsapothekers konnte sie wieder öffnen. Die Apotheke war unterdessen weiterhin telefonisch erreichbar. Der Notdienst an Ostern wurde von einer anderen Apotheke durchgeführt.

Seit heute ist die Fröbel-Apotheke wieder offen. Walter fand kurzfristig eine Vertretung. „Es ist für viele Kunden auch schlecht, wenn die Apotheke zu machen muss. Für diese Fälle müsste man PTA mehr Rechte zukommen lassen“, fordert die Apothekerin. Beim Thema „Corona“ sei so viel möglich, auch für diese Ausnahmen sollte es Lockerungen geben – etwa eine stundenweise Vertretung durch eine erfahrene PTA, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. „Ich habe eine PTA, die seit 25 Jahren im Beruf ist. Die macht jedem Uniabgänger etwas vor.“

Ihre Mitarbeiterinnen steckte sie nicht an. „Wir tragen immer Masken und machen nicht mehr gemeinsam Pause“, sagt Walter. Zudem habe sie sich in den vergangenen zwei Wochen auf das Testen von Bürgern fokussiert. Ihre Angestellten haben sich die vergangenen Tage immer wieder selbst getestet: „Bisher war der Test immer negativ“, sagt Constanze Bock. Die PTA ist seit 1999 in der Fröbel-Apotheke tätig. Der Betrieb der Apotheke ist zunächst bis Samstag gesichert. Walter ist zuversichtlich, dass sie bald wieder arbeiten kann. Dafür muss sie einen negativen PCR-Test beim Amt vorlegen. „Bei meinem letzten Test war der zweite Strich nur noch ganz schwach, die Viruslast wird geringer.“