Novalgin für Pflegebedürftige

Im Notdienst: Bereitschaftsdienst empfiehlt Rx ohne Rezept Carolin Ciulli, 05.09.2022 13:39 Uhr

Die Stern-Apotheke musste am Wochenende passen, weil eine Seniorin mit Schmerzen kein Rezept erhalten konnte. Foto: Stern-Apotheke
Berlin - 

Apotheker:innen geben im Notdienst mitunter alles, um ihre Kundschaft versorgen zu können. Am Wochenende musste Raphaela Günther jedoch passen. Sie konnte einem Pflegedienst und dessen Kundin nicht helfen.

Von Samstag auf Sonntag stand Günther in ihrer Stern-Apotheke in Rengsdorf. Es war ein normaler Notdienst ohne besondere Auffälligkeiten. „Im ländlichen Bereich ist es meist ruhig. Eigentlich bräuchte man diese Art von Notdienst nicht, da die Ärzte in den Städten sind und die Patienten dann dort in die Apotheke gehen.“ Seit 1999 ist sie selbstständig und übernimmt die Mehrzahl der Sonderschichten in ihren vier Apotheken selbst – auch weil ihr akut zwei Approbierte fehlen.

Am späten Nachmittag rief eine Angestellte eines Pflegedienstes an, und der Inhalt des Gesprächs sorgte für Ärger bei Günther: Die Frau wollte für eine Seniorin Novalgin haben. Das rezeptpflichtige Arzneimittel sei der Patientin, die gerade aus der Klinik kam, vom ärztlichen Bereitschaftsdienst empfohlen worden. Die Seniorin lag der Apothekerin zufolge mit starken Schmerzen im Bett, OTC-Präparate hätten nicht geholfen.

Bereitschaftsdienst besucht Patientin nicht

Der Pflegedienst wusste nicht mehr weiter und rief in der Apotheke an. „Es ist ein Dienst, den wir gut kennen“, sagt Günther. Allerdings habe der Bereitschaftsdienst deutlich gemacht, dass man der Patientin keinen Arzt vorbei schicken würde. „Für wen ist eigentlich der fahrende Arzt da? Und wie soll man an ein Rezept kommen, wenn man sich vor Schmerzen nicht bewegen kann?“, fragt sich die Apothekerin. „Ich weiß gar nicht, wie man als Bereitschaftsdienst sagen kann, eine Novalgin zu nehmen.“

In diesem konkreten Fall musste Günther passen, denn auch sie konnte kein Novalgin ohne Rezept abgeben. Auch bei der Frage, ob die Frau das noch von dem verstorbenen Mann vorhandene Tilidin nehmen könne, verwies die Apothekerin an die Grenzen ihrer pharmazeutischen Beratung. „Die Pflegedienstmitarbeiterin war recht verzweifelt und hat gesagt, sie traut sich nicht, ihr das zu geben. Ich kann ihr das aber auch nicht empfehlen. Wir Apotheker machen viel, aber das kann ich nicht machen.“