Chemnitz

Filialleiter eröffnet Konkurrenzapotheke Eugenie Ankowitsch, 10.04.2017 10:07 Uhr

Berlin - 

Fast ein Jahrzehnt hat Richard Aurich als angestellter Apotheker gearbeitet. Nachdem das Verhältnis zu seinem langjährigen Chef zerbrochen ist, beschloss der Pharmazeut, eine eigene Apotheke zu eröffnen. Nun läuft er mit seiner Baumgarten-Apotheke, die nur 400 Meter von seiner letzten Arbeitsstätte entfernt liegt, dem ehemaligen Chef den Rang ab.

Acht Jahre lang hat Aurich in der Löwen-Apotheke von Michael Kummer als Filialleiter gearbeitet. In all den Jahren habe er ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu seinem ehemaligen Chef gehabt und als Filialleiter weitreichende Freiheiten genossen. „Es ging sogar so weit, dass ich sämtliche Banktransaktionen getätigt habe“, sagt Aurich. „Die Löwen-Apotheken war ein Stück weit wie mein eigenes Geschäft.“

Zuletzt aber habe sich das Verhältnis zu seinem Chef rapide verschlechtert. Einerseits sei bei den Verhandlungen bezüglich der Übernahme der Apotheke durch Aurich Einiges schief gelaufen. „Ich hatte einfach den Eindruck, dass die Gespräche seitens meines ehemaligen Chefs nicht ernsthaft geführt wurden“, so der Apotheker. Vielmehr habe es so ausgesehen, dass dieser ihn loswerden wolle. Nach Angaben von Aurich hat der Inhaber zu der Zeit eine seiner vier Apotheken geschlossen. Diese wurde von dessen Ehefrau geleitet. „Da er natürlich nicht die eigene Frau feuern konnte, aber trotzdem einen Apotheker weniger gebraucht hat, musste jemand anderes weg“, mutmaßt Aurich.

Welche Gründe auch immer dafür tatsächlich ausschlaggebend waren: Aurich bedauert, „dass das vormals gut funktionierende Arbeitsverhältnis und eine Freundschaft in die Brüche gegangen ist“. „Es war leider kein schönes Auseinandergehen“, sagt der Pharmazeut. „Es ist in jeder Hinsicht keine einfache Zeit gewesen.“ Anfang 2015 hat Aurich seinen letzten Tag als angestellter Apotheker gehabt. Nur sechs Monate später eröffnete er bereits seine Baumgarten-Apotheke, die nur 400 Meter von seiner ehemaligen Arbeitsstätte entfernt liegt.

Es sei zwar in der Regel einfacher und aus wirtschaftlicher Sicht auch risikoärmer, eine bestehende Apotheke zu übernehmen, so Aurich. Aber nicht zu jedem Preis. Schließlich habe er damals gerade ein Haus gebaut und sein zweites Kind bekommen. „Da überlegt man sich schon ganz genau, welche finanziellen Verpflichtungen man eingehen könnte und sollte“, erklärt Aurich. „Manch ein Apotheker, der einen Nachfolger sucht, hat einfach unrealistische und überzogene Vorstellungen.“

Den Umstand, dass seine neue Apotheke in unmittelbarer Umgebung zur alten Wirkungsstätte liegt, bezeichnete der Pharmazeut als Zufall. Der Hauptgrund für die Eröffnung einer Apotheke in Grüna sei aber der Versorgungsgrad in dem Chemnitzer Stadtteil, versichert der Apotheker. „Die knapp 5500 Einwohner wurden bis dato von einer Apotheke versorgt. Auch in der Nachbargemeinde ist keine Apotheke ansässig.“ Die Versorgungsdichte sei daher eher unterdurchschnittlich gewesen.

Er habe schon in den Jahren zuvor immer wieder nach Optionen in der näheren Umgebung geschaut. Das Richtige sei aber nie dabei gewesen, zumal er mit seinem Angestelltenverhältnis zufrieden gewesen sei. Als sich abzeichnete, dass er seinen Arbeitsplatz räumen würde müssen, sei er auf einen ehemaligen Gasthof aufmerksam geworden, der sich eben nur wenige hundert Meter weiter befindet. In den Monaten zuvor habe es Gerüchte gegeben, dass ein unbekannter Apotheker sich die Räumlichkeiten angeschaut habe. „Deshalb habe ich das leer stehende Gebäude näher betrachtet“, so Aurich. „Ehrlich gesagt, konnte ich mir damals nur sehr schwer vorstellen, dass da eine Apotheke rein soll.“

Der alte Gasthof sei renovierungsbedürftig gewesen. Allerdings habe sich so die Möglichkeit ergeben, die künftigen Apothekenräume nach seinen Wünschen zu gestalten. Drei Monate haben nach Angaben des Apothekers die Renovierungs- und Umbauarbeiten gedauert. „Der Vermieter ist mir bei allen Vorstellungen entgegen gekommen“, sagt Aurich zufrieden. Neben der Apotheke befindet sich mittlerweile auch eine Hautarztpraxis in dem Gebäude der ehemaligen Gaststätte.

Bei der Gestaltung seiner neuen Apotheke hat Aurich einen anderen Weg gewählt als viele seiner Kollegen. Statt zuerst die Aufteilung der künftigen Apothekenräume zu planen und anschließend das passende Mobiliar zu kaufen, machte er das umgekehrt. „Ich habe einfach die Einrichtung der kurz zuvor geschlossenen Stadtpark-Apotheke in Chemnitz übernommen“, erklärt der Pharmazeut. „Sie ist aus Massivholz und qualitativ sehr hochwertig, hat aber nur einen Bruchteil dessen gekostet, was spezialisierte Unternehmen für eine Neuanfertigung verlangen.“

Auch Laboreinrichtung und Literatur hat der Apotheker von einer geschlossenen Apotheke, diesmal aus Baden-Württemberg, geholt. „Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass man eine Apotheke so günstig mit allen benötigten Dingen ausstatten kann“, sagt Aurich.

Seit Aurich im Juli 2015 eröffnet hat, verzeichnet er eigenen Angaben zufolge starke Zuwachszahlen. Der Schlüssel zu seinem Erfolg liege in einer kompetenten und guten Beratung: Ihm sei die Rekrutierung eines sehr guten und engagierten Teams gelungen, berichtet der Apotheker. „Bei uns stimmt das Arbeitsklima, und dass wirkt sich positiv auf die Kundschaft aus“, so der Pharmazeut.

Zudem sei es hilfreich, wenn man seine Kunden gut kenne. „Obwohl wir offiziell zu Chemnitz gehören, ist es hier doch sehr dörflich“, sagt er. Jeder kenne jeden. „Die Menschen legen viel Wert darauf, mit ihrem Namen angesprochen zu werden“, so Aurich. Und diesen Wunsch erfülle er ihnen. Schließlich kenne er viele Einwohner persönlich. Der Pharmazeut ist in Grüna aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nun würden auch seine Kinder dort in den Kindergarten gehen. Außerdem engagiert sich der Pharmazeut in vielen Organisationen vor Ort und ist Mitglied im Ortschaftsrat. Die Baumgarten-Apotheke ist zudem seit Februar 2016 ein Typisierungsstützpunkt des Vereins für Knochenmark- und Stammzellspenden (VKS).

Mit der Entwicklung seiner Apotheke ist Aurich äußerst zufrieden. „Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschichte, die zur Eröffnung der Apotheke geführt hat, anders verlaufen wäre, aber im Nachhinein bin ich sehr glücklich mit dem, was mittlerweile entstanden ist“, sagt er. Ohnehin gebe es zwischen ihm und seinem ehemaligen Chef zwar eine verschärfte Konkurrenzsituation, aber keinen Krieg. „Das will ich auch nicht“, sagt er. „Ein Krieg ist für keinen der beiden Seiten gut“.