AMNOG-Folgen

Großhändler fürchten Dammbruch bei Direktgeschäft Alexander Müller, 08.07.2011 08:43 Uhr

Berlin - 

Direktgeschäfte waren bislang vor allem bei teuren Medikamenten attraktiv, weil Hersteller und Apotheken die preisbezogene Großhandelsmarge unter sich aufteilen konnten. Mit der Umstellung der Vergütung im kommenden Jahr ändern sich die Vorzeichen. Bei einer Fixpauschale von 70 Cent pro Arzneimittel könnten vor allem absatzstarke Präparate attraktiv werden - selbst wenn sie wenig kosten. Die Großhändler laufen Sturm gegen den drohenden Umsatzverlust und fordern eine gesetzliche Klarstellung.

Das für 2012 geplante Modell aus - nicht rabattfähiger - Fixpauschale und einem kleinen prozentualen Aufschlag ist eigentlich ein lang gehegter Wunsch der Großhändler. Doch während ihr Verband Phagro ursprünglich 93 Cent plus 3,5 Prozent als eine kostenneutrale Umstellung vorgeschlagen hatte, hielt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) 70 Cent plus 3,15 Prozent für ausreichend. Die Großhändler waren schockiert. Um Rosinenpickerei im Niedrigpreissegment zu verhindern, hatten sie in den Verhandlungen zum Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) einen gestaffelten Fixbetrag vorgeschlagen.

Jetzt droht zusätzlicher Ärger, weil der Gesetzgeber aus Sicht der Großhändler im AMNOG etwas übersehen hat: Bislang fehle der Vermerk, dass die Hersteller im Direktgeschäft ebenfalls keine Rabatte aus dem Fixzuschlag gewähren dürfen, moniert der Phagro. Die Großhändler befürchten, dass große Apotheken oder Kooperationen massenhaft direkt einkaufen. Gerade bei günstigen Rabattarzneimitteln würde sich das Geschäft für beide Seiten lohnen.

Die Großhändler warnen dagegen, dass eine „Rosinenpickerei“ im Direktgeschäft die derzeit ausgewogene Mischkalkulation zerstöre. Der gerade erst eingeführte Sicherstellungsauftrag könnte demnach wertlos werden, weil das Modell der vollversorgenden Großhändler angegriffen wird. Zudem sei die Pharmaindustrie seit jeher sehr daran interessiert, über Direktlieferungen Verkaufszahlen und Verschreibungsdaten zu sammeln, um das eigene Marketing gezielter zu steuern.

Der Phagro ist deshalb aktuell sehr bemüht, dass BMG für eine Klarstellung im Arzneimittelgesetz (AMG) und der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) zu gewinnen. Aus Sicht der Großhändler kann es sich bei der Auslassung nur um ein Versehen handeln: Schließlich gelte der im AMNOG für 2011 festgeschriebene Einmalabschlag der Großhändler von 0,85 Prozent auch für direkt liefernde Hersteller, argumentiert der Phagro.