Vergleich mit Banken angestrebt

AvP-Insolvenzverfahren: 50-Prozent-Quote denkbar Alexander Müller, 09.12.2022 11:25 Uhr

Im AvP-Insolvernzverfahren ist aktuell wieder etwas mehr Bewegung. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die von der AvP-Pleite betroffenen Apotheken warten seit mehr als zwei Jahren auf ihr Geld. Das Insolvenzverfahren wird sich wohl auch noch einige Jahre ziehen. Aber zumindest mit Blick auf eine mögliche Quote gibt es nun erste Andeutungen: Im Gläubigerausschuss hat Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos einen möglichen Vergleich mit dem Bankenkonsortium vorgestellt. Teil der Präsentation war Beteiligten zufolge eine Quotensimulation. Demnach könnten die Apotheken mit Rückzahlungen von etwa 50 Prozent ihrer Forderungen rechnen. Sicher ist das aber nicht, da es noch viele offene Fragen zu klären gibt.

Das Bankenkonsortium hatte AvP kurz vor der Insolvenz eine Kreditlinie über 245 Millionen Euro gestrichen, die Banken konnten sich damit schadlos halten. Wegen „unzulässiger Verrechnungen im Kontokorrent“ hatte Hoos nach einer aufwändigen rechtlichen Prüfung Forderungen in Höhe von rund 143 Millionen Euro zunächst außergerichtlich geltend gemacht.

Einen Prozess gibt es in der Sache noch nicht, vielmehr wird ein Vergleich diskutiert. Verschiedene Szenarien wurden dem Gläubigerausschuss schon vorgestellt, in diesem Zusammenhang soll auch über die Quote gesprochen worden sein. Sollte der Vergleich zustande kommen, würde sich die Insolvenzmasse um den vereinbarten Betrag erhöhen, die Banken ihrerseits aber wieder zu Gläubigern werden. Dennoch wäre unter dem Strich für jede betroffene Apotheke mehr im Topf. Anfang kommenden Jahres soll über die Möglichkeit eines Vergleichs entschieden werden.

Musterprozess zu Aussonderungsrechten

Ein weiterer Streitpunkt sind etwaige Aussonderungsrechte. Für bestimmte Apotheken mit Zusatzvereinbarungen hat Hoos diese bereits gewährt. In anderen Fällen haben die Apotheken auf eine bevorzugte Auszahlung geklagt – bislang allerdings ohne Erfolg. Etwa ein halbes Dutzend Prozesse hat Insolvenzverwalter Hoos in der ersten Instanz bereits gewonnen, erste Berufungsverfahren sind am Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) anhängig. Die Apothekerseite hat in dieser Sache dagegen noch keine Erfolge zu verbuchen.

Die angestrebten Musterprozesse zu den Aussonderungsrechten sind nach Informationen von APOTHEKE ADHOC noch immer nicht bei Gericht anhängig. Hier versammeln vor allem der Apothekerverband Nordrhein sowie einzelne Anwälte die Interessen zahlreicher Betroffener. Die Gruppe wollte mit Hoos längst Musterprozesse zu verschiedenen Fallkonstellationen führen.

Dem Vernehmen nach gibt es aber Schwierigkeiten, für jede der relevanten Konstellationen einen geeigneten Klägervertreter zu finden – also eine Apotheke, die alle Erfordernisse erfüllt. Wurde etwa eine Sondervereinbarung mit AvP geschlossen, ist der Fall im Prozess nicht zu verallgemeinern. Zudem sollte es sich idealerweise um eine größere Schadenssumme bei der betroffenen Apotheke handeln, weil der Streitwert sonst nicht ausreicht, um in die nächsthöhere Instanz zu kommen.

Finanzämter haben Einwände

Im Zusammenhang mit den Klagen auf Aussonderungsrechte ist ein weiterer Player auf den Plan getreten: Vereinzelt haben offenbar Finanzämter mit Blick auf die Einkommenssteuer die Höhe der Abschreibung nicht akzeptiert, wenn die Apotheke noch Aussonderungsrechte gerichtlich geltend macht. Ein Steuerrechtsexperte hält ein solches Vorgehen des Fiskus aber für abwegig und glaubt nur an Einzelfälle. Denn am Ende des Tages werde versteuert, was die Apotheke noch eintreiben kann, es komme also lediglich auf den Veranlagungszeitraum an.

Die Alternative zu Musterprozessen wäre wiederum ein Vergleich zwischen einer substanziellen Anzahl an Gläubigern und dem Insolvenzverwalter. Dann könnte ein Teilbetrag schneller aus der Insolvenzmasse ausgezahlt werden, der Rest nach dem Abschluss des Verfahrens in einigen Jahren.

Abgekaufte Forderungen

Währenddessen sind weiter Firmen unterwegs, die aktiv AvP-Opfer ansprechen, um die Forderungen abzukaufen. Geboten werden mitunter 30 Prozent der offenen Forderungen – was mit dem entsprechenden Sicherheitsabschlag wiederum zu Hoos‘ Quotensimulation passen würde. Vor allem die US-Firmen „PrimeShares World Markets“ und „VonWin Capital“ aus New York zeigen reges Interesse. Regelmäßig berichten Apotheken, von Vice President Mike Winschuh von der „PrimeShares World Markets“ kontaktiert worden zu sein. Vereinzelt sind Apotheker:innen wohl auch darauf eingegangen.