Angst vor Pleitewelle bei Apotheken

AvP-Insolvenz beschäftigt Politik APOTHEKE ADHOC, 28.09.2020 13:02 Uhr

Rettungsschirm: Sylvia Gabelmann von der Links-Fraktion fordert staatliche Hilfen für von der AvP-Insolvenz betroffene Apotheken. Foto: Andreas Domma
Berlin - 

Seit Tagen rufen von der AvP-Insolvenz betroffenen Apotheker und Apothekerverbände nach einem staatlichen Rettungsschirm: Jetzt hat sich auch Sylvia Gabelmann, Gesundheitspolitikerin der Linksfraktion, dieser Forderung angeschlossen. Die AG Gesundheit der CDU/CSU-Fraktion wird sich morgen mit der Pleite des Rechenzentrums befassen. Und am 7. Oktober wird die AvP-Insolvenz Thema in der Obleute-Besprechung der Koalition sein. Dort erwartet man eine Bewertung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).

Bislang hält sich die Politik mit Aussagen zur AvP-Insolvenz zurück: Mit Betroffenheit und Sorge beobachte man die Entwicklung bei AvP, sagte CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich gegenüber APOTHEKE ADHOC. Er sei von vielen Bundestagsabgeordneten auf den Fall und die Konsequenzen für die Arzneimittelversorgung angesprochen worden. „Wir beobachten das ganz genau“, so Hennrich. Allerdings sei es nicht so einfach für die Politik, für die betroffenen Apotheken einen Rettungsschirm aufzuspannen.

Laut Hennrich sind die Vorgänge bei AvP noch zu undurchsichtig. „Wir müssen erst mal Licht ins Dunkel bringen und die Arbeit des Insolvenzverwalters und der Staatsanwaltschaft abwarten“, sagte Hennrich. Die Vorgänge erinnerten ihn an den Wirecard-Skandal. Bevor die Politik eingreift, will Hennrich zunächst einmal sehen, welche Unterstützung die betroffenen Apotheken von anderer Seite erhalten. Man habe zur Kenntnis genommen, dass etwa die Apobank den Apotheken Überbrückungshilfen zugesagt habe. Auch der Großhandel zeige sich rücksichtsvoll. „Wenn das nicht reicht, müssen wir schauen, ob die Politik helfen kann“, so Hennrich. Das sei allerdings rechtlich schwierig. Man dürfe und könne keinen Präzedenzfall schaffen. Auch müsse EU-Recht im Auge behalten werden. Insbesondere dürften keine Verstöße gegen die Beihilferichtlinien in Kauf genommen werden. Und das BMG teilte nur mit: „AvP ist ein Fall für die Ermittlungsbehörden. Das Bundesgesundheitsministerium wird die weitere Entwicklung beobachten.“

Das reicht Gabelmann längst nicht aus: „Das Abrechnungszentrum AvP hat an mehr als 3000 Apotheken im Durchschnitt jeweils über 100.000 Euro nicht ausgezahlt. Dadurch ist deren Existenz akut bedroht. Hier muss die Bundesregierung schnell helfen, damit eine möglicherweise betrügerische Insolvenz nicht Tausende von Arbeitsplätzen und die Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung gefährdet! Ich sehe hier ganz klar die öffentliche Hand in der Pflicht.“

Schließlich seien Apotheken durch ein Bundesgesetz dazu verpflichtet dazu, die Abrechnung mit den Krankenkassen über Rechenzentren laufen zu lassen. Und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe die Aufsicht über die Rechenzentren auszuüben und somit sicherzustellen, dass die Apotheken auch vertrauensvoll an ihr Geld kämen: „Würde es sich um Banken handeln, dann hätte der Finanzminister gewiss längst einen Schutzschirm aufgespannt.“ Aber es gehe ja „nur“ um ein paar tausend Apotheken sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Gabelmann: „Ich fordere die Bundesregierung auf, den geschädigten Apothekerinnen und Apothekern akut und schnell mit zinslosen Krediten unter die Arme zu greifen. Und je nachdem wie das Insolvenzverfahren ausgeht, ist zu schauen, ob die Apotheken diese Kredite später zurückzahlen müssen oder erlassen bekommen.“

Für die Zukunft müsse die Bundesregierung verhindern, dass sich Ähnliches wiederhole. Dazu müsse sie entweder die Aufsicht durch die Bundesanstalt verbessern oder aber das Abrechnungswesen privaten, gewinnorientierten Firmen entziehen. „Würde für die Apotheken eine Möglichkeit geschaffen, dass die Abrechnungen mit den Krankenkassen über einen öffentlichen Träger mit staatlicher Garantie laufen können, dann hätte die jetzige bedrohliche Situation gar nicht eintreten können. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Krankenhäuser, die Heilmittelerbringer und andere Gesundheitsdienstleiter“, so Gabelmann.