Genug Platz im Eigenheim

Apothekerin nimmt ukrainische Familie auf Carolin Ciulli, 29.03.2022 15:08 Uhr

Schnelle Hilfe: Apothekerin Doris Lüdke nahm Anfang März eine Mutter und ihre zwei Kinder aus der Ukraine in ihrem Wohnhaus auf. Foto: Oberdörffer´s Apotheke
Berlin - 

Zahlreiche Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine suchen auch in Deutschland eine Unterkunft. Bei dieser Fluchtwelle spielen Privathaushalte eine große Rolle, die kurzerhand Zimmer freiräumen und Menschen eine neue Bleibe bieten. Auch Apothekerin Doris Lüdke gehört dazu.

Als klar war, dass Russland die Ukraine angreift und der Kriegszustand ausgerufen wurde, saß Lüdke geschockt vor dem Fernseher. Die Bilder berührten sie sehr – aus mehreren Gründen. „Ich war wie gelähmt. Mich hat das belastet, da in mir die Ereignisse von 9/11 hochkamen“, sagt sie. Die Nachrichten von den Bombardierungen weckten dieselben Emotionen wie die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York. Damals war die Apothekerin noch kurz vor den Anschlägen vor Ort.

Apothekerin wollte schnelle Zuflucht anbieten

Auch deshalb zögerte sie nicht lange und ließ ihr Wohnhaus direkt als freie Unterkunft für Geflüchtete eintragen. „Mich hat das sehr beschäftigt. Da ich sowieso die ganze Zeit in der Apotheke arbeite, steht viel ungenutzter Wohnraum leer“, sagt die Inhaberin der Oberdörffer´s Apotheke in Hamburg. Sie wollte Menschen Zuflucht gewähren. Kurz darauf sah sie über eine Anzeige bei Ebay-Kleinanzeigen, dass Unterkunft für Geflüchtete gesucht werden.

Lüdke meldete sich und bekam nach zwei Tagen eine 41-jährige Frau mit ihrer 17-jährigen Tochter und ihrem achtjährigen Sohn vermittelt. Innerhalb der kurzen Zeit schaffte es die Apothekerin, mit der Unterstützung ihrer Nachbarn, das Haus auf die neuen Mitbewohner vorzubereiten. „Diese menschliche Nähe unter Nachbarn ist toll“, freut sie sich über die Unterstützung. Ohne hätte sie es kaum geschafft, Platz für die drei zu machen.

Seitdem teilt sich die Apothekerin ihre 140 Quadratmeter große Wohnfläche auf drei Etagen mit ihnen. „Es läuft alles reibungslos. Sie waren sehr schüchtern und zurückhaltend und mussten erst einmal lernen, dass sie sich hier aufhalten dürfen.“ Die Familie stammt aus Kiew und musste den Vater, die Großeltern und die beiden Hunde in der Ukraine zurücklassen. Die Verwandten halten sich in der Nähe zu Polen auf und es gehe ihnen gut, wenn auch die Sorge groß ist.

Erinnerungen an DDR-Zeiten

Abends, während in den Fernsehnachrichten über den Angriffskrieg berichtet wird und Karten ausgestrahlt werden, zeigen die neuen Mitbewohner der Apothekerin, wo sich die Verwandten aufhalten. „Wir sehen uns jeden Tag“, so Lüdke. Kommuniziert wird auf Englisch, über eine Sprach-App oder auf Russisch. „Ich komme aus Ostdeutschland und hatte zehn Jahre Russisch in der Schule“, sagt die Apothekerin.

Ihre Herkunft verbindet sie auch mit ihren neuen Mitbewohnern. „Ich bin auch ein ‚Flüchtling‘“, sagt sie. Denn am ersten Tag des Mauerfalls sei sie mit ihrer fünfjährigen Tochter an der Hand, der Approbationsurkunde und einem Koffer direkt nach Hamburg. Schon vorher sei eine Ausreise Thema gewesen. „Die Zeit hat uns damals eingeholt.“ Auch deshalb will Lüdke Vorbild sein – sie tauscht sich etwa mit Stammkund:innen über die Aufnahme aus. Das Feedback sei durchweg positiv.

Spenden für die Kriegsopfer

Viele Apothekenteams möchten den Menschen in der Ukraine und den vielen Flüchtlingen irgendwie helfen. Apotheker ohne Grenzen (AoG) hat eine Spendenaktion ins Leben gerufen, um die Versorgung mit dringend benötigten Medikamenten zu ermöglichen.

Apotheker ohne Grenzen Deutschland e.V.
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