„Wartende Patienten komplettieren das Chaos“

Apothekerin fordert Protest durch Gehorsam Sandra Piontek, 14.03.2023 09:47 Uhr

Margarete Heidl fordert die Apotheken aus Protestgründen ab dem 8. April zum gehorsamen Dienst nach Vorschrift auf. Foto: Schönbach-Apotheke
Berlin - 

Apothekerin Margarete Anna Heidl, Inhaberin der Schönbach-Apotheke in Aßlar-Werdorf, ist seit 41 Jahren im Dienst. Doch eine derart schlechte Versorgungssituation wie derzeit ist ihr nie zuvor untergekommen. Sollten die Abgaberegeln nicht über Ostern hinaus gelockert bleiben, fordert sie: „Protest durch Gehorsam!“

Für Heidl ist ab dem 8. April das „Chaos vorprogrammiert“. Da Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) „die Entspannung der Lieferengpässe“ erklärt habe, fordert Heidl die Kolleg:innen der Apotheken auf: „Wir sollten uns alle ausnahmslos regelkonform verhalten und Dienst nach Vorschrift machen.“

Uneingeschränkter Gehorsam

Dabei ist sich die Apothekerin sicher: „Die Faxgeräte werden glühen, E-Mail-Ordner überlaufen und verärgerte Patient:innen werden in der Schlange vor den Notdienst- und normalen Praxen ausharren und das Chaos komplettieren.“ Für Heidl ist der Ablauf der Abgaberegeln wie ein „gefundenes Fressen“, das alle Apotheker:innen „zusammenrotten“ sollte: „Wir müssen uns so verhalten wie gefordert. Hier ist von uns allen aus Protestgründen uneingeschränkter Gehorsam gefragt.“

Denn Heidl befürchtet, dass nahezu alle Patient:innen zurück zur Praxis müssen: „Wenn sie dann endlich das neue Rezept erhalten, haben sie hoffentlich Glück und das Medikament ist noch vorrätig.“ Die Ärzteschaft werde zeitnah ebenso auf die Barrikaden gehen, so Heidl. Den Kund:innen müsse man die Situation immer wieder verdeutlichen und, so leid es Heidl tue, ohne „ewige Rücksprachen“ neue Rezepte fordern, ansonsten riskiere jede Apotheke Null-Retaxen.

Katastrophe für Kunden

Unter diesen Umständen habe Heidl nicht vor, noch lange die einzige Apotheke in Aßlar-Werdorf weiterzuführen. „In ein paar Monaten habe ich mein Rentenalter erreicht und werde die Apotheke schließen. Für unser Einzugsgebiet ist das eine Katastrophe.“ Einen Nachfolger habe die Apothekerin nicht finden können, obwohl Werdorf der größte Stadtteil der Aßlarer Umgebung ist: „Zwischenzeitlich sah es noch so aus, als würde ich meine Apotheke weitergeben können, aber in der jetzigen Situation findet sich niemand, der so mutig ist, das Geschäft weiterzuführen.“

Viele der Apotheken vor Ort werden „kaputtgespart“, und für die 20.000 Einwohner im Einzugsgebiet Aßlar blieben nach Schließung der Schönbach-Apotheke „nunmehr vier Apotheken zur Aufrechterhaltung der Versorgung mit Medikamenten übrig“, so Heidl.