Nebensortiment

Die Heilkraft des Sex Alexander Müller, 13.01.2017 10:25 Uhr

Berlin - 

Sextoys aus der Apotheke sind ein heikles Thema – weniger gesellschaftlich, sondern vielmehr juristisch. Je nach Aufsichtsbehörde werden die Grenzen des apothekenüblichen Sortiments enger oder weiter ausgelegt. Die Hersteller sind bemüht, die gesundheitlichen Aspekte ihrer Produkte in den Vordergrund zu stellen.

Zu den Anbietern, die dieses Randsortiment in der Apotheke bedienen, gehört die Firma Redmed aus Hannover. Das Portfolio umfasst Softtampons, Gleitgels und sogenannte Mediballs zum Beckenbodentraining, aber eben auch Massagestäbe und Vibratoren und Erektionsringe.

Die Firma arbeitet nach eigenen Angaben mit knapp 3000 Apotheken und einigen namhaften Großhändlern zusammen. Der Jahresumsatz liegt noch bei rund 300.000 Euro, Tendenz steigend. Die Firma betont die medizinischen Aspekte ihrer Produkte: „Sex macht aber nicht nur Spaß und schenkt Wohlbefinden, sondern kann auch als Heilmittel für Körper und Seele eine wichtige Rolle spielen.“

Die ausgeschütteten Endorphine bewirkten etwa, dass man sich entspannt und zufrieden fühle und deshalb weniger Stress habe. „Wer weniger Stress hat, wird in der Regel weniger häufig krank“, heißt es. Tatsächlich könne Sex bei bestimmten Krankheiten sowohl vorbeugend als auch heilend wirken. Bei Frauen könne eine erfüllte Sexualität zur Linderung der Monatsbeschwerden beitragen, Männer könnten Studien zufolge Prostatabeschwerden vorbeugen. Sex verbessere zudem die geistigen Fähigkeiten, mindere Schmerzen und halte jung und schlank.

Das alles rechtfertigt aus Sicht einiger Aufsichtsbehörden aber nicht den Verkauf von Dildos in Apotheken. In Niedersachsen ist die Apothekerkammer gegen mehrere Versandapotheken vorgegangen, die „Sextoys“ im Sortiment hatten. Andernorts haben die Apotheken mehr Freiheiten, doch auch in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen hatten Apotheken wegen entsprechender Angebote schon Ärger mit der Aufsicht.

Einige von ihnen kürzten daraufhin ihr Angebot, andere kämpften vor Gericht für ihre Sortimente „Lust & Liebe“. Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen verbot der Versandapotheke Sanicare jetzt allerdings den Vertrieb von Dildos & Co. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Apothekerkammer Niedersachsen fühlt sich von der Entscheidung bestätigt: „Wir sind der Meinung, dass das nicht in die Apotheke gehört“, so Kammerpräsidentin Magdalene Linz. Die Kammer sei in dieser Frage „leidenschaftslos“, halte sich aber an das, was auch aus Sicht der Pharmazieräte zu einem apothekenüblichen Sortiment gezählt werde. Ziel der Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sei unter anderem gewesen, dass der Arzneimittelaspekt bei Apotheken auf den ersten Blick im Vordergrund stehen solle.

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