Apothekennotdienst

„Von Verweigerern habe ich noch nie gehört“ Julia Pradel, 17.06.2015 09:11 Uhr

Berlin - 

Zum Notdienst geschlossen – das sollte keinem Apotheker passieren, denn es drohen Konsequenzen. Kommt es doch einmal vor, folgen im schlimmsten Fall nicht nur Beschwerden von Patienten, sondern auch die Streichung der Notdienstpauschale und ein Bußgeld von der Kammer. Wie die Strafe aussieht, wird in jedem Einzelfall entschieden.

Es kommt nicht häufig vor, dass Apotheker ihren Dienst nicht leisten. Eine Sprecherin der Apothekerkammer Niedersachsen rechnet vor: Täglich seien in ihrem Einzugsgebiet durchschnittlich 145 Apotheken in Bereitschaft, 2014 hätten die insgesamt 2019 Apotheken knapp 56.600 Notdienste geleistet. Dass eine Apotheke nicht besetzt sei, komme ausgesprochen selten vor, „ein bis drei Fälle im Jahr“ gebe es.

In diesen Einzelfällen sei während der Dienstzeiten Außerordentliches passiert, auf das sich niemand der Beteiligten habe vorbereiten können. „In einem Fall war kurz vor dem Notdienst in einer Apotheke eingebrochen worden“, so die Sprecherin. Die Fenster seien vom Täter so stark beschädigt worden, dass es nicht zu vertreten gewesen sei, einen Mitarbeiter nachts, zudem allein, in dem Betrieb arbeiten zu lassen. „In einem anderen Fall ist eine schwangere Apothekerin während ihres Notdienstes kollabiert, sodass sie aussetzen musste. In der Kürze der Zeit konnte kein Ersatz mehr gefunden werden“, berichtet die Sprecherin.

Erfüllt ein Apotheker seine Dienstpflicht nicht, verwirkt er den Anspruch auf die Notdienstpauschale für diesen Tag. Darauf weist die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) hin. „Stellt sich zum Beispiel aufgrund einer Patientenbeschwerde heraus, dass eine Apotheke im Notdienst nicht erreichbar war, meldet die Kammer diesen Notdienst nicht an den Fonds“, heißt es dort.

Das gelte auch in dem Fall, wenn aufgrund einer Patientenbeschwerde festgestellt wird, dass eine Apotheke nicht durchgehend besetzt war. Damit ist der Dienst nicht vollständig erbracht, so die BLAK. Auch dann erfolge keine Meldung an den Notdienstfonds. Eine Kammersprecherin betont, dass auch die bayerischen Apotheken den Dienst sehr zuverlässig versehen: „Es gibt nur vereinzelte Beschwerden.“

Darüber hinaus kann ein nicht ordnungsgemäß durchgeführter Dienst auch berufsrechtliche Konsequenzen haben, da ein Verstoß gegen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorliegt, die Apotheken zur Dienstbereitschaft verpflichtet. „Welche Sanktionen die Apotheken zu erwarten haben, lässt sich pauschal nicht sagen, da es sehr wenige Fälle gibt und dann jeweils über den Einzelfall entschieden wird“, so die Sprecherin.

Verstöße würden vom Vorstand in der Regel mit einer bußgeldbewehrten Rüge sanktioniert, teilte die Berliner Apothekerkammer bereits im vergangenen Jahr mit. Damals hatte die Kammer von einem Kunden den Hinweis erhalten, dass ein Apotheker im Notdienst nicht zu erreichen war. Für diesen Dienst hatte der Apotheker keine Pauschale erhalten.

Auch in Baden-Württemberg kommt es nur sehr selten zu Verstößen bei Nachtdiensten: „Pro Tag werden 150 bis 170 Dienste geleistet – und die Zahl der Beschwerden pro Jahr liegt im einstelligen Bereich“, so ein Sprecher der dortigen Apothekerkammer. Die Strafe vom jeweiligen Einzelfall abhängig, den die Kammer prüfe. Einen Bußgeldkatalog gebe es nicht, erklärt der Sprecher.

Die Kammer wird demnach immer dann tätig, wenn es Beschwerden gibt, etwa von Patienten. Dass ein Dienst nicht geleistet wird, liegt dem Sprecher zufolge meist an Krankheit oder Unfällen. Der Dienst sei aber auch schon einmal vergessen worden. „Von Verweigerern habe ich noch nie gehört“, so der Sprecher. Falle ein Apotheker aus, werde zunächst versucht, kurzfristig mit Apotheken im Notdienstbezirk zu tauschen. Sei das nicht möglich, könnten Apotheken auch vom Dienst befreit werden.

Ähnliches wird auch Apothekern in Niedersachsen geraten: Sollte sich eine Änderung in der Dienstbereitschaft abzeichnen, beispielsweise weil ein Mitarbeiter am Morgen erkrankt ist, empfiehlt die Kammer, immer erst eine Lösung innerhalb des Apothekenteams zu suchen. Außerdem könne versucht werden, einen anderen Approbierten einzusetzen oder innerhalb des Dienstkreises mit einer Apotheke zu tauschen. „Wenn kurzerhand der Notdienst nicht wahrgenommen werden kann, ist das immer die ungünstigste aller Möglichkeiten“, so die Sprecherin.

Eine Meldung über einen Diensttausch kann der Apothekerkammer auch noch am Tag der Dienständerung mitgeteilt werden. „Die Änderungen werden dann von den Sachbearbeitern umgehend auf der Website der Apothekerkammer eingepflegt und an weiteren Online-Medien wie aponet.de weitergegeben“, erklärt die Sprecherin das Prozedere. Damit die Dienste auch in den lokalen Zeitungen korrekt abgedruckt werden, sollten frühzeitig bekannte Änderungen spätestens ein bis zwei Wochen vorher mitgeteilt werden.