Aposcope-Umfrage

13 Botendienste pro Apotheke und Tag Lothar Klein, 15.07.2020 15:24 Uhr

Die Anzahl der seit Mai absolvierten Botendienste ist laut ersten Schätzungen deutlich niedriger als von der Abda angenommen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Mit Spannung wartet die Apothekenbranche auf die Praxiszahlen zum Botendienst. Wie viele Botendienste haben die Apotheken seit Mai mit den Krankenkassen abgerechnet und dafür das neue Honorar von fünf Euro erhalten? Erste Daten deuten darauf hin, dass es weniger Botendienste waren als vermutet. Aposcope hat jetzt in einer Blitzumfrage bei den Apotheken nachgefragt. Danach bietet fast jede Apotheke Botendienste an, mehr als 80 Prozent der Apotheken bieten den Botendienst aktiv an. Im Schnitt werden knapp 13 Botendienst pro Tag erledigt.

Online befragt wurden von Aposcope 305 Apotheker und PTA. Die Umfrage ist repräsentativ für die deutsche Apothekenlandschaft. Analysiert wurden die Antworten von 51 Inhabern/Apothekenleitern, 25 Filialleitern, 76 angestellten Apothekern und 153 PTA. Danach bieten 98 Prozent aller Apotheken einen Botendienst an. Nur 1,6 Prozent gaben an, keinen Botendienst anzubieten. 16,4 Prozent der Befragten gaben an, den Botendienst nur auf Nachfrage durchzuführen. 82 Prozent der Apotheken bieten den Botendienst dagegen aktiv an.

Im Durchschnitt werden 12,71 abrechnungsfähige Botendienste pro Tag durchgeführt, für die die Krankenkassen ab Mai fünf Euro zahlen. Die meisten Apotheken, nämlich 30 Prozent, leisten zwischen fünf und zehn Botendienste pro Tag. Immerhin noch knapp 10 Prozent geben an, pro Tag mehr als 30 Botendienste durchzuführen. 18 Prozent der Apotheken, die zweitgrößte Gruppe, leisten ein bis vier Botendienste pro Tag. Die Abfrage ergab auch leichte regionale Unterschiede: Mit 13,9 Prozent Apotheken, die mehr als 30 Botendienste am Tag leisten, ist der Norden Spitzenreiter. Mit 24 Prozent bilden hingegen Apotheken aus dem Süden die größte regionale Gruppe mit wenigen Botendienst bis maximal vier am Tag.

Nach ersten, APOTHEKE ADOC vorliegende Daten, zeichnet sich bei der Botendienstbilanz für den Mai eine Überraschung ab: Statt der von der Abda geschätzten 450.000 täglichen Botendienste in der Corona-Krise wurden danach von Krankenkassen und Apothekenrechenzentren im Monat Mai nur circa 135.000 pro Tag abgerechnet. Damit müssen die Kassen im ersten Monat nach Einführung der Pauschale für die insgesamt bis zu 2,7 Millionen Botendienste nur 14 Millionen Euro bezahlen. Seit dem 23. April erhalten die Apotheken pro geleistetem Botendienst fünf Euro.

Noch liegen keine vollständigen Zahlen für die bundesweite Entwicklung der Zahl der Botendienste im Mai vor. Allerdings erlauben erste vorliegende Daten die Hochrechnung, dass die Zahl der Botendienste weit unter dem von der Abda geschätzten Ausmaß liegt: So rechneten die Apotheken alleine bei der zweitgrößten Krankenkasse Barmer nach Informationen von APOTHEKE ADHOC insgesamt 334.321 Botendienste ab. Die Barmer hat circa neun Millionen Versicherte; pro einer Million Versicherte wurden demnach gut 37.000 Botendienste geleistet und abgerechnet. Bei 73 Millionen GKV-Versicherten in Deutschland müssten hochgerechnet rund 2,7 Millionen Botendienste im Mai abgerechnet worden sein. Pro Apotheke wären das im statistischen Mittel 142 Botendienste pro Monat. Das entspricht einem Honorar von gut 700 Euro.

Noch etwas geringere Zahlen meldet eine regionale AOK, die namentlich nicht genannt werden will – dort kommt man auf 15.000 bis 20.000 Botendienste pro eine Million Versicherte. Allerdings beruhen diese Angaben auf den Auswertungen der Abrechnungen vom April – nur in der letzten Woche wurde das neue Botendiensthonorar von fünf Euro gezahlt. Man kann davon ausgehen, dass die Aprilzahlen noch nicht das tatsächliche Ausmaß der Botendienste widerspiegelt, da viele Apotheken erst im Mai ihren Lieferservice entsprechend hochgefahren haben. Auch auf Basis der AOK-Daten ergäbe sich aber mit 1,4 Millionen Botendiensten eine noch deutliche niedrigere Anzahl als von der Abda geschätzt.

Die Angaben der Barmer werden zudem gestützt durch eine Sonderauswertung des Apothekenrechenzentrums ARZ Haan für Mai und Juni. Von circa 3500 Apotheken wurden im Mai rund 433.000 Botendienste auf Rezept abgerechnet, im Juni sogar knapp 440.000. Die abgerechneten Summen betrugen im Mai 2,54 Millionen Euro und im Juni 2,6 Millionen Euro. Hochgerechnet auf 19.000 Apotheken bundesweit ergibt sich daraus eine gesamte Botendienstzahl von 2,4 Millionen Botendiensten. Laut ARZ Haan wurden im Botendienst pro Monat über 720.000 Rx-Arzneimittelpackungen abgegeben.

Angesichts dieser Größenordnung müssten die Kassen für den Botendienst nicht so tief in die Tasche greifen wie befürchtet: Für die Zeit bis Ende September würde bei unveränderter Botendienstzahl ein Betrag von 70 Millionen Euro fällig. Auf ein Jahr gerechnet müssten die Kassen für den Botendienst knapp 170 Millionen bezahlen.

Die Abda hatte im Juni noch ganz andere Zahlen auf den Tisch gelegt: Laut Präsident Friedemann Schmidt haben die Apotheken in der Corona-Krise ihre Botendienste im März um 50 Prozent gesteigert. „Jeden Tag werden 450.000 Botendienste geleistet“, so Schmidt. Gerade während der verschärften Kontaktsperren hätten sich die Botendienste „als Mittel der Wahl“ erwiesen und seien von den Apotheken „viel aktiver“ angeboten worden. Allerdings habe sich auch gezeigt, dass die Apotheken trotz der neuen Honorierung das Instrument Botendienst „angemessen“ nutzten. Die Angaben der Abda beruhen bisher auf einer Befragung von gut 220 Apotheken. In normalen Zeiten gibt die Abda 300.000 tägliche Botendienste an.

Die Differenz der abgerechneten Botendienste zu den Abda-Angaben überrascht – könnte sich allerdings daraus erklären, dass in den Abda-Daten reine OTC-Botendienste ebenso enthalten sind wie Lieferungen an PKV-Patienten. Abgerechnet wird das neue Botendiensthonorar nur für Rx-Lieferungen. Außerdam gabe es im Mai mit minus 17 Prozent deutlich weniger Rezepte.