Methotrexat: Auf die Dosierung kommt es an Dr. Kerstin Neumann, 15.04.2016 11:33 Uhr
An rheumatoider Arthritis leiden meist ältere Menschen. Wen es jedoch im jüngeren Alter trifft, für den ist die Krankheit ein besonders schwerer Einschnitt. Es existieren gut wirksame Behandlungsoptionen, die Therapietreue bei nur einmal wöchentlicher Einnahme ist dabei eine besondere Herausforderung. Eine gute Betreuung der Patienten ist daher sehr wichtig.
Fall: Eine junge Frau von knapp 30 Jahren kommt in die Apotheke. Sie hat ein Rezept über Methotrexat 7,5 mg (MTX) und Prednisolon 5 mg bei sich. Der Arzt habe festgestellt, dass sie unter Rheuma leide. Das könne sie gar nicht verstehen, das sei doch eine Krankheit, die nur ältere Menschen bekämen. Zusätzlich bittet sie um Schmerzmittel und etwas gegen ihre Müdigkeit, die sie seit einigen Wochen plagt. Auf Nachfrage erklärt die Frau, dass sie seit Jahresbeginn unter Schmerzen in den Händen leide. Ab und zu seien sie richtig geschwollen; es dauere manchmal mehr als 30 Minuten, bis sie das Gefühl habe, sie könne wieder etwas mit ihren Händen tun.
Analyse: Die Frau leidet unter den typischen Beschwerden einer beginnenden rheumatoiden Arthritis. Die Krankheit ist eine chronisch verlaufende Gelenkentzündung, bei Frauen tritt sie meist im Alter zwischen 55 und 65 auf, bei Männern in der Regel erst nach dem 65. Lebensjahr. In selteneren Fällen kommt die sogenannte juvenile Arthritis vor, von der auch jüngere Menschen und Kinder betroffen sein können. Insgesamt erkranken fast dreimal so viele Frauen an der im Volksmund schlicht „Rheuma“ genannten Krankheit. Charakterisiert ist die rheumatoide Arthritis durch Entzündungen, die in mehreren Gelenken gleichzeitig auftritt. Häufig sind Hände und Füße betroffen, die Entzündungen halten über mehrere Wochen an und kehren periodisch wieder.
Die rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen das körpereigene Gelenkgewebe richtet. Durch die Aktivität der Entzündungsmediatoren schwellen die Gelenke an und schmerzen stark. Wird die Krankheit nicht behandelt, kann sie langfristig zur Zerstörung des Gelenkknorpels führen. Die Gelenke selbst werden dann funktionsuntüchtig. Durch entzündungshemmende Medikamente kann der Krankheitsverlauf aber heute deutlich verlangsamt werden. Als Basismedikation wird heute meist MTX verschrieben. Der Wirkstoff kann nach etwa sechs Monaten zu einem vollständigen Stillstand der Krankheit führen. Im Akutfall wird die Entzündung mit Glukokortikoiden und Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) behandelt.
Kommunikation: Die korrekte Anwendung von MTX ist sehr wichtig – eine Medikamenteneinnahme nur einmal pro Woche ist eher ungewöhnlich. Es ist sehr wichtig, der Patientin klar zu machen, dass die korrekte und regelmäßige Gabe die Beschwerden deutlich lindern kann. Gleichzeitig muss auch klar werden, dass es bei MTX nicht „zu viel des Guten“ sein darf – zu häufige Anwendung kann schwere Nebenwirkungen hervorrufen, die im schlechtesten Fall bis zum Tod führen können. Als Hilfe für die Kundin kann gemeinsam der Einnahmetag festgelegt und auf der Packung notiert werden. Der Einstieg in die Therapie beginnt immer mit einer niedrigen Dosis, die unter ärztlicher Aufsicht sukzessive um maximal 5 mg pro Woche gesteigert wird. Als Höchstdosis gilt 30 mg pro Woche.
Die Patientin muss weiterhin wissen, dass am Tag der Einnahme kein Alkohol getrunken werden darf. Da MTX reproduktionstoxisch ist, muss die junge Frau unbedingt auf eine sichere Kontrazeption hingewiesen werden. Die Wirksamkeit stellt sich innerhalb der ersten sechs Monate ein. Die Patientin muss in der Zeit gut betreut werden, regelmäßige Arztbesuche und Überprüfung der Blut- und Vitalwerte gehören dazu. Auch die Apotheke kann eine weitere Begleitung anbieten. Die Patientin sollte darüber aufgeklärt werden, dass Müdigkeit zum Krankheitsbild gehört und unter der Therapie langsam abklingen wird. Vitamin- und Folsäurepräparate sind dabei eine sinnvolle Unterstützung.
Therapie: MTX ist als Basismedikation der rheumatoiden Arthritis gut etabliert. Der Wirkstoff hemmt das Enzym Dihydrofolsäure-Reduktase und damit die Biosynthese von Folsäure. Diese wiederum ist ein wichtiger Bestandteil bei der Synthese von DNA und RNA. Wie die immunsuppressive Wirkung zustande kommt, ist noch nicht vollständig aufgeklärt. In hohen Dosen wirkt MTX zytotoxisch, weshalb es auch in der Krebstherapie eine, wenn auch geringe, Rolle spielt. Bei rheumatoider Arthritis müssen hohe Dosen in jedem Fall vermieden werden. Bei akuten Beschwerden wird mit dem Glucocorticoid Prednisolon das entzündliche Geschehen gestoppt. Wenn die MTX-Behandlung gut anschlägt, kann die Dosis langfristig reduziert oder sogar gestoppt werden, um die klassischen Kortison-Nebenwirkungen zu vermeiden. Als Schmerzmittel eignet sich vor allem Naproxen, welchem eine geringere Belastung des Magens nachgesagt wird. Auf weitere NSAR sollte möglichst verzichtet werden: Die Schmerzmittel haben einen Einfluss auf die Blutspiegel von MTX. Bei Kopfschmerzen ist die gelegentliche Gabe von Paracetamol angemessen und möglich, andere NSAR sollten nur nach Rücksprache mit dem Arzt verwendet werden.