Jung (CDU): Apothekenhonorar auf den Prüfstand APOTHEKE ADHOC, 02.03.2018 16:35 Uhr
In Böhringen am Bodensee schließt Mitte des Jahres die letzte Apotheke. In Böhringen leben 4000 Menschen. Das reicht für eine Apotheke-Übernahme nicht mehr aus. Die zweijährige Suche nach einem Nachfolger blieb ohne Erfolg. Dazu meldete sich jetzt der CDU-Wahlkreisabgeordnete Andreas Jung zu Wort: Er will in Berlin nicht nur für das Rx-Versandverbot kämpfen, sondern auch über das Apothekenhonorar reden: „Die in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegten Preiszuschläge und Preise für Apotheken müssen dafür einer grundlegenden Revision unterzogen werden.“
Die Bundesregierung müsse an das Vergütungssystem für Apotheken „ran“, so Jung. Es müsse überprüft werden, welche Anpassungen bei der Vergütungsstruktur notwendig sind, „damit der Betrieb einer Apotheke und die Wahrnehmung der entsprechenden Aufgaben auch künftig ein wirtschaftliches Auskommen ermöglicht“. Hierzu habe das zuständige Bundeswirtschaftsministerium Ende letzten Jahres ein Gutachten vorgelegt. Anhand der vorgelegten Ergebnisse werde nun zu diskutieren sein, welche Anpassungen notwendig sind. Er hoffe, dass sich eine neue Bundesregierung sich alsbald an die Arbeit machen kann.
„Zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung gehören neben einer gut erreichbaren medizinischen Infrastruktur auch Apotheken vor Ort“, schrieb Jung. Dabei gehe es nicht ausschließlich um die Abgabe von Medikamenten und die fachkompetente Beratung in Gesundheitsfragen.
Jung: „Apotheken sind gleichermaßen auch Kontaktpunkt und Begegnungsstätte. Damit nehmen sie neben anderen öffentlichen Einrichtungen der Nahversorgung eine wichtige Funktion im sozialen Gefüge einer Kommune ein.“ Für den Erhalt ortsnaher Apotheken sprächen deshalb nicht nur gesundheitspolitische Argumente, sondern eben auch Aspekte von Lebensqualität und Attraktivität eines Orts.
Als ein Grund für die Geschäftsaufgabe werde der Internet-Versandhandel genannt. Die Apotheker der Region wiesen immer wieder darauf hin, was die Konkurrenz mit ausländischen Versandhandelsapotheken und deren Rabatten für sie bedeute: „Es geht um Existenzen.“ Verschärft worden sei diese Problematik durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. Oktober 2016. Ausländische Versender dürften vom deutschen Apothekenverkaufspreis abweichen und genössen damit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil bei der Preisgestaltung.
Die EuGH-Richter hätten dies unter anderem damit begründet, dass dies für den Rx-Versandhandel unter Umständen die einzige Möglichkeit sei, einen Zugang zum deutschen Markt zu erlangen. „Es ist allerdings ein ungleicher Wettbewerb“, so Jung. Die Apotheke vor Ort hätten durch Personal und Infrastruktur viel höhere Kosten als die Versandapotheke. Und auch jene Patienten, die den Versandhandel in Anspruch nähmen, erwarteten selbstverständlich, dass die Apotheke vor Ort für sie da sei – „wenn die Post einmal nicht rechtzeitig kommt oder bei Notfällen, auch nachts und am Wochenende“. „Aus diesem Grund trete ich dafür ein, den Versandhandel dieser rezeptpflichtigen Medikamente zu verbieten“, schreibt Jung.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) habe gegen das EuGH-Urteil Widerstand angekündigt. „Für uns als Union war klar, dass nur durch ein nationales Verbot des Versandhandels rezeptpflichtiger Arzneimittel eine wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung Tag und Nacht gewährleisten werden kann“, so Jung. Ein hierzu vorgelegter Gesetzesentwurf sei aber an der SPD gescheitert. Diese Position habe die Union nun auch mit Nachdruck in die Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD eingebracht – „und uns durchgesetzt“. „Wir werden jetzt entschieden darauf dringen, dass das genauso umgesetzt wird“, so Jung.