Grippeimpfung für 3,99 Euro? Alexander Müller, 04.12.2019 10:04 Uhr
Schon bald könnten die ersten Kunden in der Apotheke ihre Grippeimpfung erhalten – der Gesetzgeber hat Modellprojekte freigegeben. Aber wie viele Apotheker würden das überhaupt anbieten – und zu welchem Preis? Antworten auf diese und andere Fragen liefert eine aposcope-Umfrage aus der Reihe ACAlert im Auftrag von ACA Müller ADAG Pharma AG.
Mit dem Masernschutzgesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Krankenkassen mit den Apothekerverbänden Verträge über „regionale Modellvorhaben zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken“ abschließen können. In den Verträgen sind laut Gesetz nicht nur die Voraussetzungen und die konkrete Durchführung zu regeln, sondern explizit auch „deren Vergütung und deren Abrechnung“. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers ist allerdings eine „Verbesserung der Impfquote“ – was übrigens auch die meisten Apotheker erwarten würden.
Grundsätzlich ist eine breite Mehrheit der Teilnehmer auch der Ansicht, dass es für die Apotheken wichtig ist, sich neue Honorarquellen abseits der Packungsabgabe zu erschließen. 36 Prozent stimmen dieser Aussage vollkommen zu, weitere 55 Prozent stimmen generell zu. Neun von zehn Apothekern wollen sich unabhängiger von der „normalen“ Rx-Abgabe machen, das ist die erste Erkenntnis der Umfrage.
Spannend ist die daraus resultierende Frage, ob die Grippeimpfung einen Beitrag zur Finanzierung der Apotheken leisten kann. Beim ACAlert wurden hierzu zwei Einschätzungen abgefragt: Was wäre aus Sicht der Apotheker eine angemessene Vergütung für die Leistung und wie viel wären die Krankenkassen schätzungsweise bereit, dafür zu zahlen. Die Branche gibt sich keinen Illusionen hin: Die Werte fallen deutlich auseinander. Auffällig ist, dass die angestellten Apotheker mehr Geld verlangen würden als ihre Chefs und auch eine entsprechende Erwartung an das Verhalten der Krankenkassen haben.
Honorar
Im Detail: „Welchen Erstattungsbetrag würden Sie sich pro Impfung in der Apotheke wünschen (ohne Kosten für den Impfstoff)?“
- 1,00 bis 3,99 Euro: 1,3 Prozent
- 4,00 bis 6,99 Euro: 5,0 Prozent
- 7,00 bis 9,99 Euro: 13,2 Prozent
- 10,00 bis 14,99 Euro: 25,1 Prozent
- 15,00 bis 19,99 Euro: 28,1 Prozent
- 20,00 Euro und mehr: 24,1 Prozent
Während sich mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Inhaber mit bis zu 15 Euro zufrieden geben würden, liegen die Angestellten mit 58 Prozent mehrheitlich über dieser Schwelle. Die Chefs sind gewissermaßen bescheidener als ihre Angestellten.
Beide Gruppen erwarten allerdings von den Krankenkassen nicht, dass diese sich auf solche Summen einlassen werden. Auf die Frage, was die Kassen voraussichtlich für die Dienstleistung erstatten werden, kippt das Diagramm (s. Galerie) zur anderen Seite:
- 1,00 bis 3,99 Euro: 28,1 Prozent
- 4,00 bis 6,99 Euro: 26,4 Prozent
- 7,00 bis 9,99 Euro: 19,1 Prozent
- 10,00 bis 14,99 Euro: 15,2 Prozent
- 15,00 bis 19,99 Euro: 5,6 Prozent
- 20,00 Euro und mehr: 3,3 Prozent
Unter den Inhabern rechnet knapp die Hälfte (47 Prozent) mit dem Minimalwert. Aber auch unter den angestellten Approbierten glaubt nur noch jeder Zehnte, dass die Kassen tatsächlich mehr als 15 Euro springen lassen. Die Ärzte kassieren übrigens je nach KV-Region zwischen 7,15 Euro (KV Berlin) und 9,43 Euro (KV Hessen) für jede Grippeschutzimpfung.
Ärger mit den Ärzten befürchtet
Apropos Ärzte: Ärger mit den Kollegen in Weiß droht aus Sicht der meisten Apotheker: 83 Prozent gaben an, dass sie hier Risiken bei Impfungen in der Apotheke sehen. Fast ebenso viele (82 Prozent) sehen offene Haftungsfragen. Damit in Zusammenhang steht die Sorge vor steigenden Gebühren bei der Haftpflichtversicherung (77 Prozent). Erst an vierter Stelle nannten die Apotheker das Risiko „Zuschussgeschäft aufgrund unzureichender Honorierung“ (60 Prozent). Immerhin noch 48 Prozent erwarten Störungen im Betriebsablauf und 36 Prozent Imageschäden aufgrund von Impfschäden bei den Kunden.
Wenn später Impfungen flächendeckend in Apotheken angeboten werden, könnte die Politik als nächstes das Dispensierrecht für Ärzte freigeben. Fast die Hälfte sieht dieses Risiko, bei den Inhabern ist es sogar die Mehrheit. Vielleicht auch deshalb hielten 82 Prozent einen Impfpasscheck mit anschließendem Verweis für eine gute Idee. Mehr als zwei Drittel der Befragten lehnen es daher auch ab, dass Apotheken auch andere Impfungen wie MMR, Tetanus oder Reiseimpfungen anbieten können sollten.
Aber wie viele Apotheken würden überhaupt an einem Modellprojekt Grippeschutzimpfung teilnehmen? Während 48 Prozent dem offen gegenüberstehen, lehnen 37 Prozent dies ab. Der Rest ist sich nicht sicher oder hat keine Angaben gemacht. Auffällig sind die Unterschiede zwischen Inhabern und angestellten Apothekern – Filialleiter eingeschlossen: Während bei den Inhabern die Skepsis überwiegt (39 zu 51 Prozent) ist das Verhältnis bei den angestellten Pharmazeuten genau anders herum (51 zu 32 Prozent).
Sollen auch PTA impfen dürfen?
Wenn in der Apotheke geimpft wird, sollte dies aus Sicht der Teilnehmer entweder von einem Apotheker oder medizinisch geschultem Personal durchgeführt werden. Immerhin jeder zehnte Inhaber traut diese Dienstleistung auch den PTA im Team zu, unter den angestellten Apothekern dagegen fast niemand.
Die Apothekenleiter sind insgesamt skeptischer, was die Nachfrage nach dem neuen Service angeht: 62 Prozent stimmen der Aussage ganz oder teilweise zu, dass es wenig bis keine Resonanz geben wird. Unter den angestellten Approbierten sind es knapp die Hälfte (49 Prozent). Weitgehend Einigkeit besteht zwischen beiden Gruppen, dass Apotheken mit solchen Angeboten ihr Image als Gesundheitsdienstleister schärfen können. Drei von vier Apothekern sehen das so.
An der Umfrage für den ACAlert am 27. November 2019 via aposcope nahmen 303 verifizierte Apothekerinnen und Apotheker teil. ACAlert ist eine Initiative der ACA Müller ADAG Pharma AG.
Impfung in der Apotheke: Neue Leistung oder Zuschussgeschäft?
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