„Ein Boni-Verbot wäre eine Umgehung“ Alexander Müller, 06.08.2020 10:09 Uhr
Die FDP fragt die Regierung nach der Zukunft der Vor-Ort-Apotheke. Doch welche Pläne haben die Liberalen selbst? APOTHEKE ADHOC sprach mit Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, über Rx-Boni, Botendiensthonorare, das E-Rezept und das derzeit schwierige Verhältnis der Apotheker zu ihrer Partei.
Das vollständige Video-Interview finden Sie hier.
Die FDP hat sich klar gegen ein Rx-Versandverbot als Reaktion auf das EuGH-Urteil zu Rx-Boni bekannt. Auch das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Boni-Verbot halten die Liberalen für rechtlich nicht umsetzbar. „Wir sehen verfassungsrechtliche Bedenken beziehungsweise, dass das Vorhaben nicht EU-konform ist und wir wollen nicht, dass ein Gesetz wieder von der EU aufgehoben werden muss“, so Aschenberg-Dugnus. Deshalb sei es wichtig, die Stellungnahme der EU-Kommission in der Sache abzuwarten. In der Überführung des Rx-Boni Verbots ins SGB V sieht sie dagegen eine „Umgehung“.
Und was wäre die Lösung der FDP? „Wir können uns ein leichtes Aufbrechen der Preisbindung vorstellen, aber mit einem Delta für Boni – etwa zwischen 10 Cent und einem Euro oder zwischen einem und zwei Euro, also relativ gering“, so Aschenberg-Dugnus im Video-Podcast WIRKSTOFF.A. Mit dieser Begrenzung lässt sich nach Einschätzung der FDP-Fraktion vermeiden, dass es zu einem Preiskampf kommt. Im Übrigen habe der Versandhandel seit dem EuGH-Urteil im Jahr 2016 nicht maßgeblich hinzugewonnen – obwohl ausländische Versandapotheken seitdem Boni in unbegrenzter Höhe gewähren dürfen.
Aschenberg-Dugnus wirft den Vertretern der Abda vor, die Realitäten nicht anzuerkennen. Man müsse eben auch sehen, was rechtlich machbar ist. „Das ist kein Wunschkonzert, das muss ich auch kritisch in Richtung Apothekerschaft sagen: Es werden bestimmte Dinge immer ausgeblendet.“ Wenn andere Parteien für ihre Versprechen von Boni-Verbot oder Rx-Versandverbot mehr Applaus bekämen, könne sie das ertragen. Aber dann müsse man sich als Abda auch fragen, was denn daraus geworden ist, was seit Jahren versprochen werde.
Ein etwaiger Ertragsverlust aufgrund der partiellen Preisfreigabe könnte laut Aschenberg-Dugnus aufgefangen werden, wenn noch Leistungen der Apotheken vergütet würden, die heute schon erbracht würden. Diese Honorare für Dienstleistungen dürften Aschenberg-Dugnus zufolge aber nicht mit dem Packungshonorar verrechnet werden. Mit Blick zum Beispiel auf die umfassende Beratung zur Medikation sagt die FDP-Politikerin: „Das muss extra vergütet werden, das muss on top gezahlt werden.“
Viel Kredit bei den Apothekern verspielt hat die FDP bei ihrem Parteitag 2017, als die Liberalen eine Aufhebung des Fremdbesitzverbots beschlossen. „Ich war mit dem Ergebnis nicht sehr einverstanden“, sagt Aschenberg-Dugnus, die damals aus persönlichen Gründen nicht live dabei sein konnte. Es sei aber eine sehr knappe Entscheidung gewesen und die AG Gesundheit der FDP vertrete eine andere Meinung. Und was steht im nächsten Wahlprogramm der FDP zum Thema Apothekenketten? „Da würde ich immer versuchen, meine Meinung durchzusetzen“, verweist Aschenberg-Dugnus auf die demokratischen Prozesse innerhalb der Partei.
Den Partei-Austritt von Abda-Präsident Friedemann Schmidt bedauert Aschenberg-Dugnus: „Ich kann es leider nicht ändern, es ist um jedes Mitglied schade. Aber vielleicht kommen wir ja mal wieder näher zueinander.“ Der Dialog mit Apothekern finde von ihrer Seite aus jedenfalls jederzeit statt. Auf ihrer Sommertour besuche sie immer wieder Apotheken. Gerade bei jüngeren Apothekern sei ihr aber aufgefallen, dass das Rx-Versandverbot überhaupt kein Thema sei und auch ein Boni-Delta nicht abgelehnt werde.
Das für die Corona-Krise beschlossene Botendienst-Honorar findet Aschenberg-Dugnus richtig und gut. Sie spricht sich für eine Entfristung aus: „Das Corona-Virus ist ja am 30.9. nicht zu Ende.“ Und für viele Menschen sei der Service wichtig und das dürfe nicht daran scheitern, dass das Gesetz ausläuft.“ Als freie Demokratin vertrete sie immer den Standpunkt: „Gute Leistung muss auch honoriert werden, sonst wird sie nicht erbracht. Und das muss passieren, da habe ich eine ganz klare Meinung, das muss über den 30.9. hinausgeführt werden.“
Zu der Frage einer angemessenen Höhe will sich Aschenberg -Dugnus nicht festlegen lassen. Es sei Sache des GKV-Spitzenverbands und des Deutschen Apothekerverbands (DAV), dies zu vereinbaren. Dass die Kassen den Preis vermutlich drücken würden, lässt die FDP-Politikerin nicht gelten: „Dann muss man eben vernünftig verhandeln, da würde ich mich als Politikerin raushalten.“
Dass mit der Einführung des E-Rezepts größere Teile des Rx-Marktes in den Onlinehandel abwandern, glaubt Aschenberg-Dugnus nicht. Sie habe diese Befürchtung am Anfang auch gehabt, sieht die Apotheker aber über durch die Beteiligung an Modellprojekten gut aufgestellt.
Eine „Apothekerpartei“ will die FDP zwar nicht mehr sein. Aschenberg-Dugnus will bei der Gesundheitspolitik immer den Patienten in den Blick nehmen. „Eine flächendeckende Apothekenversorgung ist wichtig für die Patienten und deshalb möchte ich auch, dass die Apotheken wirtschaftlich handeln können, eine Zukunft haben.“