Hilfsmittelvertrag

Teststreifenstreit: BIG direkt lenkt ein Alexander Müller, 24.02.2015 15:31 Uhr

Berlin - 

Die Krankenkasse BIG direkt gesund hat im Streit mit dem Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) eingelenkt: Apotheken im Kammerbezirk können vorerst weiterhin Blutzuckerteststreifen und Sondennahrung zu Lasten der Kasse abgeben, ohne deren Vertrag beizutreten. Der AVWL hatte der Kasse gestern ein Ultimatum gestellt, sich bis heute zu dem bestehenden Arzneiliefervertrag zu bekennen. Die Kasse ist nach wie vor anderer Ansicht, will die Sache aber jetzt in Ruhe klären.

Anfang Januar hatte die BIG direkt den rund 2000 Apotheken in Westfalen-Lippe eine Liste mit Hilfsmitteln zugeschickt, die ab sofort nur noch von Vertragspartnern der Kasse abgerechnet werden dürften, darunter die Teststreifen sowie Sonden- und Trinknahrung. Die Apotheken sollten dem gesonderten Vertrag der Kasse beitreten, um weiterhin abrechnen zu dürfen.

Aus Sicht des AVWL war diese Information irreführend und falsch. Der AVWL-Vorsitzende Dr. Klaus Michels und sein Geschäftsführer Dr. Sebastian Schwintek erklärten gegenüber der BIG direkt, die Produkte seien sämtlich im Arzneimittelliefervertrag Primärkassen NRW geregelt, der auch für die BIG direkt als Innungskrankenkasse gelte. Kassenchef Peter Kaetsch sollte dies bis heute um 15 Uhr anerkennen, ansonsten wollte der AVWL notfalls vor Gericht ziehen.

Kaetsch hat sich an die Frist gehalten und antwortet zusammen mit seinem Vize Markus Bäumer. Die Belieferung der BIG-Versicherten mit den umstrittenen Produkten könne nach wie vor gemäß Arzneiliefervertrag erfolgen, heißt es jetzt. Auch werde die Kasse Genehmigungen bei Anträgen auf die Sondennahrung erteilen.

Bis zu einer endgültigen Klärung des Sachverhalts wird die BIG direkt zudem keine schriftlichen oder mündlichen Erklärungen mehr abgeben, die eine Lieferberechtigung von Apotheken in Bezug auf die Produkte „bestreiten, in Zweifel ziehen oder von anderen geltenden vertraglichen Voraussetzungen abhängig darstellen“. Schließlich versichert die Kasse, ihre Versicherten über diese Bestätigung zu informieren.

Die Kasse will sich jetzt mit dem AVWL an einen Tisch setzen, um künftige Störungen der Zusammenarbeit zu vermeiden. Der Apothekerverband soll Termine vorschlagen. Trotzdem behält sich die Kasse vor, „aufgrund der unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu einzelnen Punkten eine gerichtliche Klärung herbeizuführen, falls eine einvernehmliche Verständigung nicht gelingt“, schreiben Kaetsch und Bäumer.

Die zitierten unterschiedlichen Rechtsauffassungen beziehen sich auf die Wirkung der Verträge in der Hilfsmittelabrechnung. Während der AVWL auf den Liefervertrag gemäß §129 SGB V verweist, kommen aus Sicht der Kasse andere Vertragstypen zur Anwendung, die nach §127 SGB V von den Kassen, ihren Landesverbänden oder Arbeitsgemeinschaften abzuschließen seien. „Die BIG direkt gesund schließt Verträge über die Versorgung mit Hilfsmitteln grundsätzlich als Krankenkasse oder schließt sich Arbeitsgemeinschaften an“, heißt es in dem Brief.

In Bezug auf Sondennahrung und Blutzuckerteststreifen vertrete man eine andere Rechtsauffassung als der Apothekerverband, heißt es weiter. Auch dies soll im Rahmen des Gesprächs geklärt werden.

Weitergehende Zugeständnisse als die vorübergehende Anerkennung der Belieferung könne man nicht erteilen, da man die gesetzliche Informationspflicht gegenüber sonstigen Leistungserbringern nicht unterlaufen dürfe, so die BIG direkt.

Die Kasse stellt sich offenbar nicht zum ersten Mal auf den Standpunkt, dass sie kein direkter Vertagspartner des AVWL ist, da sie nicht dem IKK-Landesverband in NRW angehört, sondern dem in Berlin. Aus Sicht des AVWL spielt das aber keine Rolle, da die auf Landesebene geschlossenen Verträge immer für alle Kassen einer Kassenart Geltung hätten.