Phytopharmaka

Sanfte, teure Pharmazie Patrick Hollstein, 06.11.2015 10:27 Uhr

Berlin - 

Pflanzliche Arzneimittel sind en vogue: 126 Millionen Packungen wurden nach Daten des Marktforschungsunternehmens Insight Health in den zwölf Monaten bis September abgegeben; auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) hat der Markt ein Volumen von 1,4 Milliarden Euro. Weil Mittel gegen akute Beschwerden in der Offizin gekauft werden, konnte der Versandhandel von der ausgeprägten Erkältungssaison nicht profitieren.

Pflanzliche Präparate sind etwas teurer als chemisch-synthische OTC-Arzneimittel: Statt 9,80 kostet die Durchschnittspackung 11,15 Euro. Entsprechend liegt der Anteil der Phytopharmaka am gesamten Bereich der Selbstmedikation nach Menge bei 11 Prozent, während es nach Wert 13 Prozent sind.

Der Versandhandel hat einen Anteil von 12 Prozent nach Umsatz und 15 Prozent nach Absatz. Wie auch in anderen Bereichen greift der Versandhandel vor allem die Hochpreiser ab: Liegt der Durchschnittspreis in der Offizin bei 10,70 Euro, sind es im Internet 15 Euro.

Allerdings mussten die Versender zuletzt Marktanteile abgeben: Während die Apotheken ihr Geschäft mit pflanzlichen Präparaten im Zwölfmonatszeitraum um 7 Prozent ausbauen konnten, lag der Versandhandel mit 0,8 Prozent mehr Packungen nur marginal über Vorjahr. Nach Umsatz war das Geschäft sogar um 3,5 Prozent rückläufig; die Offizin konnte hier um 6,2 Prozent zulegen. Über beide Vertriebskanäle hinweg lag der Zuwachs damit bei 6,3 beziehungsweise 4,7 Prozent.

Dass der Markt wieder wächst, ist vor allem dem Erkältungsbereich zu verdanken. Jahrelang hatte sich das Geschäft rückläufig entwickelt; um mehr als 10 Prozent waren die Umsätze alleine zwischen 2009 und 2012 zurückgegangen. Die Grippesaison 2012/13 kurbelte die Nachfrage an; nach einer Delle 2014/15 gab es im vergangenen Winter neue Rekorde.

Auf die 30 wichtigsten Hersteller entfallen zusammen 88 Prozent des Marktes. Führende Anbieter sind Dr. Willmar Schwabe, Bionorica, die Bayer-Tochter Steigerwald, Klosterfrau, Pohl-Boskamp und Engelhard. Mit rund 23 Millionen Packungen ist Sinupret nach Herstellerangaben das am häufigsten abgegebene pflanzliche Arzneimittel weltweit.

Weitere 27 Millionen Euro werden pro Jahr mit rezeptpflichtigen Phytopharmaka umgesetzt; hier stehen hochdosierte Johanniskraut-Präparate im Fokus. Wichtige Anbieter in diesem Bereich sind Steigerwald (Jarsin) und Ysat (Colchysat).

Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind derzeit 1166 Mono- und 222 Kombinationspräparate zugelassen; dazu kommen 125 Mittel, in denen pflanzliche und chemische Wirkstoffe kombiniert sind. 53 rein pflanzliche Präparate sowie 66 pflanzliche-chemische Kombinationen sind traditionell zugelassen. Außerdem gibt es 124 registrierte Mono- und 119 registrierte Kombipräparate.