Wirkstoff-Check Protonenpumpenhemmer

Pantoprazol: Säureblocker mit Erklärungsbedarf Christian Redmann, 27.07.2016 14:03 Uhr

Berlin - 

Seit 2009 ist Pantoprazol in der Stärke 20 mg ohne Rezept in der Apotheke erhältlich.[1] Obwohl immer noch viele Kunden auf klassische Antacida wie Hydrotalcid oder Magaldrat zurückgreifen, hat sich der Newcomer etabliert.[2] Da Protonenpumpeninhibitoren (PPI) ein Doppelleben zwischen OTC und Rx führen, muss bei Abgabe auf einige Besonderheiten hingewiesen werden.

Pharmakologie und Wirkmechanismus. Pantoprazol ist ein substituiertes Benzimidazol, das die Protonenpumpen der Belegzellen und damit die Magensäuresekretion dauerhaft hemmt. Als Prodrug wird Pantoprazol im sauren Milieu der Belegzellen in seine aktivierte Form umgewandelt, die die H+/K+-ATPase hemmt. Das Enzym steuert die Säuresekretion und weist seine höchste Aktivität am Morgen auf. Es empfiehlt sich daher die morgendliche Nüchterneinnahme.

Wie stark Pantoprazol wirkt, hängt nicht nur von der Dosis ab, sondern auch von der Dauer der Einnahme. Da nicht alle Protonenpumpen gleichzeitig aktiv sind, wird eine effektive Säurehemmung erst nach mehrtägiger Einnahme erreicht: Nach fünf Tagen sind zwei Drittel aller Protonenpumpen ausgeschaltet.[3]

Allerdings kann es bei unsachgemäßer längerer Einnahme zu einem Gastrinanstieg kommen. Ursächlich hierfür ist der Feedbackmechanismus zwischen der Säuresuppression, die den Gastrinspiegel erhöht. Dieser Effekt ist zwar reversibel; bei mehr als achtwöchiger Einnahme und spontanem Absetzen ist jedoch ein Rebound-Effekt zu beobachten.[4]

Pantoprazol hat eine Bioverfügbarkeit von 77 Prozent und wird nach oraler Gabe vollständig resorbiert. Die Metabolisierung erfolgt fast ausschließlich hepatisch, die Elimination überwiegend renal.[5] Dennoch ist bei Patienten mit Niereninsuffizienz keine Dosisänderung nötig.[6]

Dosierung, Einnahme und Dauer. Pantoprazol wird in der Selbstmedikation zur kurzzeitigen Behandlung von durch Reflux bedingten Symptomen wie Sodbrennen und saurem Aufstoßen bei Erwachsenen angewendet. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist es nicht zugelassen. Hier sollte an den Arzt verwiesen oder nach alternativen Antazida gesucht werden.

Wie Omeprazol soll auch Pantoprazol einmal täglich für zwei bis drei aufeinanderfolgende Tage nüchtern eingenommen werden. 20 mg reichen in der Regel aus, um gelegentliche säurebedingte Beschwerden zu lindern.

Ohne Arztbesuch sollte die Eigenbehandlung nicht länger als vier Wochen dauern, bei nicht erfolgreichem Dauergebrauch sollte der Patient bereits nach zwei Wochen an in der Praxis vorstellig werden.[7] Dies ist dem Patienten auch ans Herz zu legen, da kausale Ursachen respektive die aus einer Säureüberproduktion entstehende Folgeerkrankungen durch PPI verschleiert werden können. Dem Rebound kann mittels Ausschleichen des PPIs durch schrittweise Dosisreduktion nach längerer Einnahme begegnet werden.[8]

Im Beratungsgespräch. Auf Grund des Wirkmechanismus' ist Pantoprazol nicht geeignet zur Behandlung akuten Sodbrennens oder sauren Aufstoßens. Sollte der Patient über akute Beschwerden klagen, so ist zu einem Antazidum zu raten, das die bereits gebildete Säure neutralisiert. Magaldrat sowie Hydrotalcid haben sich hierbei bewährt.

Gefragt werden sollte nach Dauer und Art der Beschwerden – bestehen diese bereits über einen längeren Zeitraum, so führt am Gang zum Arzt kein Weg vorbei, um Gastriden, Heclicobacter-Infektionen, Dyspepsie, gastroösophagele Refluxerkrankung (GERD) oder andere Erkrankungen, die mit Sodbrennen einhergehen können, auszuschließen.

Der Patient sollte auf die morgendliche Nüchterneinnahme hingewiesen werden und auf die Risiken der Anwendung über einen längeren Zeitraum. Im OTC-Bereich bei „bedarfsmäßigem Gebrauch“ wohl weniger relevant als in der Dauermedikation sind Mangelzustände aufgrund reduzierter Resorption von Vitamin B12, Folsäure und – bei oraler Substitution – Eisen.[9] Zum Einfluss auf die Magnesiumresorption gibt es lediglich Fallberichte.

Zusatzempfehlungen. Zusatzempfehlungen sind schwierig, eben weil die Mangelversorgung erst bei einem längeren Gebrauch von PPI im Rahmen einer Dauermedikation beobachtet wurde. Bei sachgerechtem, kurzzeitigen Gebrauch ohne Pathologie wie Ulkus, Heclicobacter pylori, GERD und Dyspepsie ist der Wirkstoff gut verträglich.

Der Patient kann, je nach vorgestellten Beschwerden, auf pflanzliche Mittel zur Magenberuhigung verwiesen werden, gerade wenn sich im Gespräch erste Anzeichen einerBeeinträchtigung der Magenschleimhaut ergeben. Dabei bieten sich unter anderem Tees mit Kamille (Durchführung einer Rollkur[10]), Melisse und Schafgarbe an.

Pfefferminze sollte mit Bedacht empfohlen werden, da die Verwendung bei bestehender Refluxkrankheit vermieden werden sollte. Auch pflanzliche Kombipräparate können im Einzelfall empfohlen werden.

 

[1] APOTHEKE ADHOC: Pantozol wird OTC. 17.06.2009 12:00 Uhr.

[2] APOTHEKE ADHOC: PPI-Generika ersetzen Marken-Antazida, 26.08.2015 10:22 Uhr.

[3] M.M. Wolfe: Overview and comparison of the proton pump inhibitors for the treatment of acid-related disorders. Oct 6 2011.

[4] A.H. Soll: Physiology of gastric acid secretion. Aug 2 2010.

[5] FI: Pantozol control 20 mg magensaftresistente Tabletten. Stand: 07/15.

[6] Ebenda.

[7] Ebenda.

[8] A.H. Soll: Physiology of gastric acid secretion. Aug 2 2010.

[9] I. Tetsuhide et al. Association of long-term proton pump inhibitor-therapy with bone fractures and effects on absorption of Calcium, Vitamin B12, Iron and Magnesium. Curr Gastroenterol Rep 2010;12:448-57.

[10] Zum Begriff der Rollkur: de.wikipedia.org/wiki/Rollkur