Rheuma: Jüngere Männer greifen häufiger zu Cannabis 06.10.2025 09:00 Uhr
Seit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist wenig darüber bekannt, wie Patient:innen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen die Substanz nutzen. Eine multizentrische Umfrage mit 651 Teilnehmenden beleuchtet Konsummuster, Schmerzmanagement und Einstellungen von Patient:innen und Ärzt:innen. Besonders junge Männer greifen häufiger zu Cannabis – auch ohne Verordnung.
Seit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland sowohl für den Freizeitgebrauch als auch zur vereinfachten Verschreibung von medizinischem Cannabis ist bislang wenig darüber bekannt, wie verbreitet der Konsum bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ist.
Um diese Lücke zu schließen, wurde eine multizentrische Umfrage durchgeführt, die den Cannabiskonsum, das Schmerzmanagement und die Einstellung von Patienten und Ärzten gegenüber medizinischem Cannabis untersucht.
Jüngere Männer konsumieren häufiger
Insgesamt nahmen 651 Patienten mit rheumatoider Arthritis, Spondyloarthritiden – entzündlichen Erkrankungen der Wirbelsäule und Gelenke – und Kollagenosen – systemischen Autoimmunerkrankungen des Bindegewebes – teil.
Drei Prozent berichteten von aktuellem und 12,4 Prozent von früherem Cannabiskonsum. Jüngere Männer zwischen 18 und 30 Jahren und Patienten mit Spondyloarthritiden konsumierten häufiger Cannabis. Bei aktiven Nutzern lag der mittlere Schmerzlevel auf einer Skala von null bis zehn bei fünf, während Nichtnutzer einen Median von vier angaben.
Cannabisnutzende griffen außerdem häufiger zu Schmerzmitteln wie Paracetamol, Metamizol, nichtsteroidalen Antirheumatika, schwachen und starken Opioiden. Gleichzeitig zeigte sich ein höheres Risikoverhalten, darunter Rauchen und der Konsum illegaler Drogen.
Diskrepanz zwischen Nutzung und Verschreibung
Von den aktiven Konsumenten gaben 53,9 Prozent an, Cannabis ausschließlich zum Freizeitgebrauch zu verwenden, 28,4 Prozent ausschließlich zu medizinischen Zwecken und 17,6 Prozent für beide Zwecke. Trotz der berichteten hohen Wirksamkeit hatten nur 17 Prozent jemals ein Rezept für medizinisches Cannabis erhalten, und 97 Prozent lehnten ärztliche Beratung dazu ab.
Unter 127 befragten Ärzten hatten nur 20 Prozent Erfahrung mit der Verschreibung von medizinischem Cannabis. Insgesamt war die Offenheit gegenüber Cannabis hoch: 62 Prozent der Patienten und 54 Prozent der Ärzte standen dem Einsatz positiv gegenüber.
Mehrheit über 50 mit chronischen Schmerzen
Weitere demografische und therapeutische Daten zeigten, dass 232 der 651 Patienten Männer und 415 Frauen waren. Vier Prozent der Patienten waren zwischen 18 und 30 Jahre alt, 27,9 Prozent zwischen 31 und 50 Jahre und 67,5 Prozent über 50 Jahre. Chronische Schmerzen berichteten 75,9 Prozent der Patienten. Bei der Schmerztherapie erhielten 33 Prozent keine analgetischen Medikamente, 47 Prozent nahmen nichtsteroidale Antirheumatika, 11,7 Prozent Metamizol, 3,5 Prozent schwache und 8 Prozent starke Opioide ein.
Die Häufigkeit der Schmerztherapie lag bei 15,9 Prozent mehrmals täglich, 11 Prozent einmal täglich, 16,7 Prozent mehrmals wöchentlich und 45,7 Prozent seltener als einmal pro Woche. Rheumatoide Arthritis lag bei 38,6 Prozent der Patienten vor, Spondyloarthritiden bei 37,6 Prozent und Kollagenosen bei 23,8 Prozent.
Die Umfrage mit dem Titel „Hohe Akzeptanz und angegebene hohe Wirksamkeit von Cannabis zur Schmerzbehandlung bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen: Eine Umfrage nach der Legalisierung in Deutschland“ wurde von Filippo Fagni, leitender Wissenschaftler am Universitätsklinikum Erlangen, in Zusammenarbeit mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin durchgeführt und auf dem Deutschen Rheumatologiekongress in Wiesbaden vorgestellt.