Versand und Online-Rezepte

Mieves trommelt für Cannabis-Plattformen 19.12.2025 12:25 Uhr

Berlin - 

Gestern Nacht wurde die geplante Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes zum ersten Mal im Bundestag beraten. Der Entwurf von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sieht ein Verbot von Online-Rezepten und Versandhandel vor. Botendienste von Apotheken sollen dabei weiterhin zulässig bleiben. Gegenwind kam unter anderem vom Koalitionspartner SPD.

„Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir das Medizinal-Cannabisgesetz ändern – mit dem Ziel, das derzeit geltende Gesetz auf seinen ursprünglichen Kerngedanken zurückzuführen“, erklärte Warken. Medizinalcannabis sei seit 2017 ein verschreibungsfähiges Arzneimittel, das Menschen mit gravierenden Erkrankungen wirksam helfen könne.

„Das ist der Zweck des Medizinal-Cannabisgesetzes: wirksame Hilfe für schwerkranke Menschen. Und daran – das ist mir sehr wichtig – ändern wir überhaupt nichts“, betonte Warken. Die Versorgung schwerkranker Patientinnen und Patienten sei und bleibe sichergestellt. Ändern wolle man lediglich die Fehlentwicklungen und den Missbrauch, die seit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes in der vergangenen Legislatur eingetreten seien.

Denn sofort nach Inkrafttreten des Ampel-Gesetzes habe es einen sprunghaften Anstieg beim Import von Cannabisblüten gegeben. Es hätten sich Modelle etabliert, mit deren Hilfe man sich ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt Cannabis nach Hause schicken lassen könne. „Unser Ziel ist es, den Missbrauch der Regelungen zu bekämpfen und die Zahl nicht medizinisch notwendiger Verschreibungen zu reduzieren.“

„Brauchen sichere und barrierefreie Versorgung“

„Es geht hier zuallererst um Patientinnen und Patienten, um Menschen, die krank sind, die Schmerzen haben, die nicht mehr weggehen, die Krankheiten haben, für die sie Linderung brauchen“, erklärte Matthias Mieves (SPD). Es gehe um Leiden, die Linderung brauchten und die nicht durch klassische Therapien gelindert werden könnten. „Und genau für diese Menschen brauchen wir eine gute, eine sichere und eine barrierefreie Versorgung“, betonte Mieves.

Der SPD-Politiker erklärte aber auch, dass der Missbrauch bei Medizinalcannabis klar adressiert werden müsse. „Es ist falsch, dass man an ein Rezept für Cannabis kommen kann, indem man einfach ein paar Klicks macht, ohne eine Ärztin gesehen zu haben.“ Auch Sonderangebote und Werbeaktionen seien falsch. Das sei keine Grauzone, sondern klarer Missbrauch.

„Wir brauchen eine Lösung, die auf der einen Seite die Versorgung von Patientinnen und Patienten sicherstellt und auf der anderen Seite Missbrauch gezielt bekämpft.“ Mieves zeige sich jedoch zuversichtlich, dass man in den Gesprächen mit der Unionsfraktion zu einer guten Lösung kommen werde.

„Wir brauchen in jedem Fall einen ärztlichen Kontakt“, betonte er. Allerdings sei ein ärztlicher Kontakt im Jahr 2025 genauso gut per Videocall möglich, „denn eine telemedizinische Versorgung gehört zu einer zeitgemäßen Gesundheitsversorgung ganz selbstverständlich dazu“.

Es gebe viele Menschen, die in ländlichen Regionen lebten und nicht in jedem kleinen Dorf eine örtliche Infrastruktur hätten, welche die Versorgung vor Ort sicherstelle. „Und diese Menschen sind auf telemedizinische Angebote angewiesen, genauso wie sie darauf angewiesen sind, dass Apotheken weiterhin medizinisches Cannabis als Arzneimittel versenden können.“

„Fakten statt Vorurteile“

Lob kam prompt von Bloomwell: Mieves habe klargestellt, dass die SPD-Fraktion nicht gewillt sei, die aktuell vorgesehenen Änderungen im Medizinalcannabisgesetz so mitzutragen. „Damit wird die SPD allem Anschein nach im parlamentarischen Prozess darauf pochen, dass Cannabis-Patient:innen und das Gesundheitssystem auch zukünftig von Digitalisierung und Telemedizin profitieren können“, kommentierte CEO Niklas Kouparanis.

In einer Zeit, in der deutsche Apotheken und die GKV massiv unter Druck stünden, wären eine Beschränkung der Cannabis-Telemedizin und ein Versandverbot absurd. „Alleine 2,9 Milliarden Euro Mehrkosten könnte der aktuelle Entwurf laut einer aktuellen Studie für die GKV bedeuten“, erklärte Kouparanis. „Wir sind guter Dinge, dass es in den anstehenden Beratungen im Gesundheitsausschuss schlussendlich auch im Falle von medizinischem Cannabis gelingt, endlich die Fakten statt Vorurteile zu berücksichtigen.“

Ein Kompromiss würde zudem auch die Interessen der CDU- und CSU-Fraktion inhaltlich besser widerspiegeln – „schließlich geht es darum eine Wachstumsbranche zu fördern, statt zu bremsen, lokalen deutsche Apotheken nicht zu schaden, Digitalisierung voran zu treiben und die GKV zu entlasten“.

„Versorgung können Apotheken vor Ort leisten“

Die Apothekerschaft begrüßt das Verschreibungs- und Versandverbot hingegen. „Wer Cannabis aus medizinischen Gründen braucht, kann es weiterhin nach einer ärztlichen Verordnung erhalten. Die Bestellung über ‚Cannabis-Plattformen‘ und deren Bewerbung lehnen wir hingegen entschieden ab, für alle Angebote wie Blüten, Extrakte oder Vapes. Arzneimittel sind keine Konsumgüter und gehören nicht auf kommerziell ausgerichtete Handelsplattformen“, sagte Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK).

Positiv bewertet die BAK auch den Ansatz, die Preise für Medizinalcannabis einheitlich zu regeln, wie es bei anderen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ebenfalls der Fall ist.

„Patientinnen und Patienten können bei Bedarf über den Botendienst der Apotheken beliefert werden, der durch pharmazeutisches Personal der Apotheke erfolgt. Das können die Vor-Ort-Apotheken flächendeckend leisten.“