Cannabis-Landkarte

Cannabis-Versandverbot: Hälfte der Patienten nicht mehr versorgt 07.08.2025 13:40 Uhr

Berlin - 

Die geplante Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) sieht ein Versandverbot für Blüten vor. Wird dieses umgesetzt, sei die Versorgung der Hälfte der Cannabis-Patient:innen gefährdet. In einigen Bundesländern gibt es keine einzige auf Medizinal-Cannabis spezialisierte Apotheke. Darauf weist eine Auswertung der Cannabis-Plattform Bloomwell hin.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will mit einem Referentenentwurf der Behandlung von Cannabis-Patientinnen und -Patienten etwa im Rahmen der Videosprechstunde einen Riegel vorschieben. Der Entwurf zur Änderung des MedCanG sieht den persönlichen Kontakt zwischen einer Ärztin oder einem Arzt und der Patientin oder dem Patienten vor – bei Folgeverordnungen ein Treffen innerhalb der letzten vier Quartale. Außerdem soll der Versandhandel für Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken an Endverbraucher:innen ausgeschlossen werden.

Wird die Änderung umgesetzt, könnte dies für die Hälfte der Patient:innen in Deutschland den Zugang zu ihren ärztlich verordneten medizinischen Cannabisblüten gefährden, informiert Bloomwell. Dies zeigt die „erste Cannabis-Landkarte“. Außerdem zeigt sich im Rahmen der Auswertung ein extremes Nord-Süd-Gefälle mit einem im Vergleich zum Bundesdurchschnitt besonders hohen Anteil von selbstzahlenden Cannabis-Patient:innen in südlichen Bundesländern.

„Unsere Gesundheitsministerin hat Wortbruch begangen“, mahnt Niklas Kouparanis, Co-Founder und Bloomwell-CEO. Im Juni habe Nina Warken (CDU) noch versprochen, das Ergebnis der laufenden Evaluation abzuwarten. „Nun ist sie mit einem Entwurf für eine Gesetzesänderung vorgeprescht, der in dieser Form deutschlandweit hunderttausende Cannabis-Patient:innen wieder in die Kriminalität drängen würde. Wenn sich die Hälfte der Cannabis-Patient:innen rein stationär im Umkreis von zehn Kilometern nicht legal in Apotheken versorgen kann, was bleibt diesen erkrankten Menschen dann noch als Alternative zum risikobehafteten illegalen Markt? Sollte dieses Gesetz so in Kraft treten, wäre das ein gesundheitspolitischer Skandal.“

Die Analyse

Bloomwell hat für die Cannabis-Landkarte die Postleitzahlen von Cannabis-Patient:innen im sechsstelligen Bereich berücksichtigt sowie alle Adressen von Apotheken – insgesamt 244 –, in denen Patient:innen seit Anfang 2024 ein über Bloomwell ausgestelltes Rezept eingelöst haben. Die Zahl dieser zumindest teilweise auf Cannabis spezialisierten Apotheken deckt sich in etwa mit den relevanten Online-Registern. Die Analyse zeigt, dass bei 49,4 Prozent der Patient:innen der Mittelpunkt ihrer Postleitzahl weiter als zehn Kilometer von der nächsten auf Cannabis-Apotheke entfernt ist.

„Im Saarland, in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bremen befindet sich demnach keine einzige auf medizinisches Cannabis spezialisierte Apotheke“, so Bloomwell. In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gibt es je eine Apotheke, in Sachsen drei und in Schleswig-Holstein sechs Cannabis-Apotheken. Somit müssten aufgrund der Gesetzesänderung etliche Cannabis-Patient:innen im Falle der rein stationären Versorgung ihre Landesgrenze passieren. „In ländlichen Regionen dürfte die Anfahrt zur nächsten spezialisierten Cannabis-Apotheke in einem solchen Szenario teilweise über 100 Kilometer in Anspruch nehmen“, so die Vermutung.

Starkes Nord-Süd-Gefälle

Die Auswertung der anonymisierten Patient:innenzahlen zeigt ein starkes Nord-Süd-Gefälle mit in Relation zur Bevölkerung niedrigen Patient:innen-Zahlen im Norden und Osten sowie hohen Patient:innen-Zahlen im Süden. Die einzige Ausnahme ist Hamburg. In Bayern liegt der Anteil der Cannabis-Patient:innen mit 68,3 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Auch im Saarland (+31 Prozent) und Baden-Württemberg (30,7 Prozent) ist ihr Anteil überdurchschnittlich hoch – gefolgt von Hessen mit 24,3 Prozent über dem Schnitt, Rheinland-Pfalz (+24,5 Prozent) und Hamburg (+19,5 Prozent).

In den neuen Bundesländern, wie Sachsen-Anhalt, liegt der Anteil 56,1 Prozent unter dem Schnitt, in Sachsen 51 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern 50,1 Prozent, in Thüringen 43,9 Prozent und in Brandenburg 57,9 Prozent. Aber auch in Bremen (-39,1 Prozent), Niedersachsen (-34,1 Prozent), Nordrhein-Westfalen (-29,9 Prozent), Schleswig Holstein (-21,7 Prozent) sowie in Berlin (-5,6 Prozent) liegt der Anteil der Cannabis-Patient:innen unter dem Bundesdurchschnitt.