Nachhaltigkeit

Zuckerrohrverpackung und Kaffeesatz-Peeling Alexandra Negt, 24.05.2020 13:59 Uhr

Berlin - 

Nachhaltigkeit liegt im Trend. Immer mehr Hersteller setzen bei ihren Produkten auf recycelte Verpackungen oder Inhaltsstoffe natürlichen Urspungs. Besonders geeignet sind schnell nachwachsende Rohstoffe wie Bambus oder Zuckerrohr. Das schwedische Unternehmen Suntribe setzt bei der Abfüllung der Produkte beispielsweise auf Zuckkerrohfasern. Bei den Inhaltsstoffen geht ein Münchner Start-Up soweit, dass die Inhaltsstoffe selbst aus upgecycelten Materialien bestehen. C!rcly benutzt Kaffeesatz aus der Industrie anstatt Mikroplastik zur Kosmetik-Herstellung.

Die Aspekte Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit sind bereits für viele Kunden ein ausschlaggebendes Kaufargument. Naturkosmetik an sich ist jedoch kein geschützter Begriff. Um sicher zu gehen, dass es sich um Naturkosmetik handelt, sollte auf Qualitätssiegel geachtet werden. Die häufigsten Siegel in Deutschland sind das NaTrue-Siegel und das BDIH-Siegel. Bio-Inhaltsstoffe werden häufig speziell gekennzeichnet. Entweder steht der Begriff „Bio“ in Klammern oder die betreffenden Inhaltsstoffe sind mit einem Sternchen gekennzeichnet. Bei Produkten aus dem Ausland können andere Siegel aufgedruckt sein – hier muss der Kunde sich erneut informieren. Cosmos Organic oder EcoCert sind beispielsweise Zertifizierungen, die weltweit bei Produkten zu finden sind. Darüber hinaus exsistieren auch nationale Zertifizierungen. In den skandinavischen Ländern gibt es die „New Generation Cert“-Zertifizierung. Hiermit wird garantiert, dass ein Unternehmen in allen Geschäftsbereichen eine verantwortungsvolle und nachhaltige Zukunft anstrebt.

Das schwedische Unternehmen Suntribe wurde 2017 gegründet und verfügt über die „New Generation Cert“-Zertifizierung. Als Universitätsprojekt exsistiert die Kosmetikmarke bereits seit 2016. Die drei Gründer legen Wert auf ökologische Produkte. Zu Beginn standen die Inhaltsstoffe im Fokus. „Sicher für dich und sicher für die Natur“ lautet der Leitspruch des Unternehmens. In den Produkten sind keine chemischen Filter enthalten – Suntribe setzt auf Non-Nano Zinkpartikel. Zinkoxid gilt derzeit als der sicherste UV-Filter für die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Das Mineral weist einen ausgeglichenen UV-A- und UV-B-Schutz auf.

„Riffsicher“

Sonnencremes sind nicht immer gut für Gewässer. Insbesondere für Korallenriffe können chemische UV-Filter wie Oxybenzon und Octinoxate schädigend sein. Vereinzelt wurden bereits Verbote für Sonnencreme-Chemikalien ausgesprochen – so beispielsweise auf Hawaii. Hier ist Zinkoxid der einzige UV-Filter, der von Wissenschaftlern als unkritisch eingestuft wurde. Gleichzeitig empfehlen die Forscher von der Verwendung von Nanopartikel-haltigen Produkten abzusehen.

Titandioxid und chemische Filter

Zinkoxid sei mit Abstand der am besten verträglichste UV-Filter, so Suntribe. Das Unternehmen betont, dass auch andere mineralische Filter, wie Titandioxid, nicht vollständig sicher seien. Das Mineral könnte, insofern es in die Lunge kommt, schädigend für die Bronchien sein. Titandioxid sollte auch nicht in den Mund gelangen. Die Verwendung von chemischen Filtern wird bereits seit längerem kritisiert. So warnt beispielsweise auch die US-Arzneimittelbehörde FDA vor dem Einsatz von Tinosorb, Mexoryl & Co. aufgrund der potentiell allergisierenden Wirkung. Die Filtersubstanzen Butyl-Methoxydibenzolmenthane, Octocrylene und Ethylhexyl-Methoxycinnamate stehen im Verdacht, hormonell wirksam zu sein. Beim chemischen Lichtschutz besteht die Schutzwirkung darin, dass der Wirkstoff die UV-Strahlung einer bestimmten Wellenlänge aufnehmen und in andere Energieformen, wie beispielsweise Wärme, umwandeln kann.

Zuckerrohr anstatt Plastik – Biokunststoffe

Biokunststoffe gelten als grüne Alternative zu chemischem Plastik. Erdöl und Erdgas können durch die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen wie Stärke, Zucker oder Cellulose, als Ausgangsstoffe für die Kunststoffproduktion ersetzt werden. Dabei bestehen biobasierte Kunststoffe ganz oder teilweise aus erneuerbaren Rohstoffen. Biologisch abbaubar ist ein Material dann, wenn es für die Zersetzung durch Lebewesen beziehungsweise durch deren Enzyme bis in kleinste Bestandteile (Kohlendioxid, Sauerstoff, Ammoniak) geeignet ist.

Suntribe versucht weitestgehend recylcelte Materialen zu verwenden, so benutzt das Unternehmen beispielsweise Etiketten, die komplett auf Recyclingpapier gedruckt sind, auch die Tinte sei von höchster ökologischer Qualität. Um auch bei den Primärverpackungen selbst noch nachhaltiger zu werden, hat sich die schwedische Firma dazu entschieden, die Sonnencreme in Tuben aus Zuckkerrohr zu vertreiben. Ende Mai geht die erste Charge der neu verpackten Creme in den Verkauf.

Bio ist nicht immer umweltfreundlicher

Noch ist die Entwicklung von biologischem Plastik relativ neu und nicht immer gilt Biokunstoff als umweltfreundliche Alternative zu chemischen Kunststoffen. Ein Problem: Kompostierbare Kunststoffe werden häufig nicht über die Biotonne entsorgt. Für die Verbraucher ist es schwierig Biokunststoffe von konventionellen Kunststoffen zu unterscheiden. Die abbaubaren Kunststoffe sind für den regulären Recycling-Prozess nicht geeignet und werden zur Entsorgung in der Müllverbrennungsanlage aussortiert.

Im Ergebnis zeigen Ökobilanzen, dass biobasierte Kunststoffe keine generellen Umweltvorteile aufweisen. Eine Verbesserung der Ökobilanz erfordert beispielsweise die Nutzung von landwirtschaftlichen Rest- und Nebenprodukten. Derartige aus Orangenschalen oder Kaffeesatz hergestellte Materialien bieten eine Möglichkeit, den Verbrauch fossiler Ressourcen einzuschränken.

Industrieabfälle verarbeiten

Das junge Unternehmen Foodignity Labs geht mit der Hautpflegemarke C!ircly einen anderen Weg der Nachhaltigkeit. Die beiden Gründer Maximilian Munz und Oliver Kremer stellen aus Industrieabfällen und produktionsbedinten Nebenprodukten Kosmetik her. Noch ist die Produktpalette begrenzt und beschränkt sich auf drei Seifen und ein Gesichtsöl. Die Portfolio sei aber ausbaufähig, so die Gründer. Ganz nach dem Motto „Besser jetzt als später“, haben sich die beiden Unternehmensberater dazu entschieden mit der Produktion zu beginnen – bisher komplett eigenfinanziert. Die Hauptbestandteile iher Produkte: Kaffeemehl, Kaffeöl und Orangenschalen.

„Pro Tag fallen alleine in einem mittelgroßem Café 30 bis 40 Kilogramm Kaffeesatz an“, erzählt Maximilian Munz. In der Industrie seien die Mengen dementsprechend gigantisch. „Wir arbeiten mit der Industrie und mit einzeln ausgewählten Cafés zusammen.“ Wichtig sei, dass die Cafés Siebträgermaschinen nutzen: „Läuft durch das verwendete Gerät auch ein anderes Getränk, beispielsweise Kakao, würde dass das Endprodukt verunreinigen.“ Auch in Zukunft will das junge Unternehmen auf wertvolle Abfall- und Nebenprodukte setzen: „Aktuell sind wir in Gesprächen mit der Teeinudstrie und planen dort für August den Launch eines neuen Produktes.“ Einmalig aufgegossener Tee verfüge ebenfalls über noch genügend wertvolle Inhaltsstoff, die man sinnvoll nutzen könnte.

Beim Thema Verpackung setzt C!rcly auf Glas und Graspapier. „Glas ist für unsere Zwecke einfach das nachhaltigste Material. Zudem eignet sich Glas für die Lagerung zahlreicher Inhaltsstoffe.“ Munz erzählt, dass sie sich zu Beginn viel mit dem Thema Verpackungsmaterial und Entsorgung sowie Recycling auseinandergesetzt haben: „Oftmals werden gewisse Materialien in Deutschland nicht so entsorgt, dass sie fachgerecht recycelt werden können, dazu gehört beispielsweise Aluminium. An sich kann das Metall super recycelt werden – bei der Entsorgung scheitert es oft.“ Und dann sei Aluminium gar nicht mehr so umweltfreundlich. „Ein weiteres Problem ist die Materialkombination. Aluminiumtuben sind meistens von Innen beschichtet, somit sind wir bei Glas geblieben.“

Besonders stolz ist Munz auf den Lippenbalsam. „Hier haben wir eine komplett plastikfreie Verpackung konzipiert. Das Produkt wird händisch raus und wieder reingedrückt – hierfür konnten wir aber auf Verpackungsmaterialien aus Plastik verzichten.“ Selbst der verwendete Kleber sei biologisch abbaubar. Ähnlich sieht es mit der Bedruckung aus: „Wir haben bei unseren Etiketten biologisch abbaubare Farben genutzt, sodass Produkte der Marke C!rcly auf allen Ebenen ökologisch oder nachhaltig daherkommen.“

Zero Waste

Zero Waste ist eine nach Nachhaltigkeit strebende Philosophie. Es wird das Ziel verfolgt, ein Leben mit möglichst wenig Abfall zu führen. Rohstoffe sollen nicht vergeudet werden. Zero Waste wird oft in Zusammenhang mit den sechs „R“ genannt. Diese stehen für folgende Begriffe:

  1. Refuse ( = Abfall vermeiden)
  2. Reduce( =Abfall reduzieren)
  3. Reuse (= Abfall wiederverwenden)
  4. Repair(= Abfall reparieren)
  5. Recycle (= Abfall recyclen)
  6. Rot(= Abfall kompostieren)

Mikroplastik vermeiden

In vielen Kosmetika versteckt sich Mikroplastik. In Peelings sind beispielsweise häufig Schleifstoffe aus Kunststoff enthalten, die nach der Anwendung über den Abfluss in Flüsse, Seen und Meere gelangen können. Dort kann der Kunststoff schädigend auf Wasserorganismen wirken. Das mechanische Peeling ist eine sanfte Art der Abreibung. Die verwendeten Partikel entfernen abgestorbene Hautschüppchen. Anstatt zu Produkten mit Mikroplastik zu greifen, eignen sich Produkte mit Salz, Zucker, Kaffeesatz oder zerkleinerten Kernen als umweltfreundliche Variante – der Effekt bleibt unabhängig vom verwendeten Material bestehen.

Als Mikroplastik werden Plastikpartikel bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind. Oftmals sind die Teilchen für das menschliche Auge kaum noch erkennbar. In flüssiger oder gelartiger Form wird Kunststoff beispielsweise als Füllstoff oder Bindemittel verwendet. Viele Kunststoffarten, wie beispielsweise Bisphenol A (BPA), sind potenziell gesundheitsschädlich oder nicht ausreichend erforscht. Im Test machten die Hersteller keine Aussagen darüber, ob ihre Produkte Mikroplastik enthalten oder nicht.

Bei folgenden Bezeichnungen ist Mikroplastik enthalten:

  • Polyethylen (PE)
  • Polypropylen (PP)
  • Polyamid (PA)
  • Polyethylenterephtalat (PET)