Covid-19-Impfung

Hausärztin warnt Apotheken Carolin Ciulli, 01.12.2021 11:59 Uhr

Klare Worte: Die Hausärztin Professor Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth sieht keine Notwendigkeit, dass in Apotheken gegen Covid-19 geimpft wird. Foto: privat
Berlin - 

Apotheken sollen jetzt doch gegen Covid-19 impfen – der politische Wille ist da. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Die Apothekerkammern signalisieren Bereitschaft und arbeiten bereits an einem Schulungsleitfaden. Die Zahnärzt:innen wollen nicht in ihren Praxen impfen und die Veterinärmediziner:innen halten sich zurück. Die Hausärztin Professor Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth warnt vor dem unterschätzten Aufwand und der Gefahr einer Spaltung der Heilberufler:innen.

Apotheker:innen, Zahnärzt:innen und Tierärzt:innen sollen bei der Impfkampagne einbezogen werden. Das hat die Bund-Länder-Runde gestern mitgeteilt. Viele Pharmazeut:innen wollen ihren Beitrag leisten und sind aufgrund von Modellprojekten mit dem Ablauf von Grippeimpfungen vertraut. Andere sehen dafür im Moment überhaupt keine Vakanzen oder klagen hinter vorgehaltener Hand über aufgebrachte Ärzt:innen und Attacken, die noch stärker werden, wenn die Kolleg:innen aus den Praxen erfahren, dass in der Apotheke geimpft werden soll.

„Apotheken können das nicht leisten“

Auch Buhlinger-Göpfarth aus Pforzheim in Baden-Württemberg sieht keine Not, weitere Heilberufler:innen in die Impfkampagne einzubeziehen. „Der Prozess wird unterschätzt. Ich glaube nicht, dass Apotheken, Zahn- oder Tierärzte das leisten können.“ Sie ist seit 19 Jahren als niedergelassene Hausärztin tätig. „Wir kriegen das gut hin. Wenn man die Zahlen hochrechnet, sind wir bis Januar durch.“ Sie impfe täglich rund 100 Patient:innen gegen Covid-19. Dazu kämen Sonderaktionen – für Samstag sei wieder ein Impfmarathon mit dem Bürgermeister geplant, bei dem 1200 Menschen immunisiert werden sollen.

Die Zusammenarbeit mit den Apotheken vor Ort laufe gut, lobt Buhlinger-Göpfarth. Gerade jetzt, wo die Praxen den Fokus auf Coronaimpfungen legten, verweise man bei kleineren Beratungsfragen an die Apotheken. „In der Pandemie muss sich kein Arzt einen Fußpilz ansehen, da sagen wir, geh zur Apotheke.“ Gerade in kleinere Landarztpraxen schlössen sich Ärzt:innen zusammen und stellten eine Kolleg:in nur zum Impfen ab. Man könne die Regelversorgung in Teilen herunterfahren, betont sie.

Die niedergelassenen Ärzt:innen benötigten keine Unterstützung. Gerade nachdem im November das Honorar pro Impfung von 20 auf 28 Euro erhöht worden sei, hätten die Praxen in Personal investiert. „Da hat sich etwas verändert und Strukturen wurden geschaffen.“ Ihre ablehnende Haltung gegenüber Impfungen in Apotheken hat genau damit zu tun: „Es geht um den Schutz unserer eigenen Struktur.“ Denn die Sorge sei vorhanden, dass noch weitere ärztliche Dienstleistungen in die Apotheken verlagert würden.

Gleiche Rahmenbedingungen gefordert

Die Hausärztin findet deshalb auch klare Worte: „Die Apotheken sollten jetzt klug handeln. Wenn meine Apotheke auf die Idee kommt, in das Impfgeschehen einzugreifen, dann werde ich eine entsprechende Antwort geben. Das lasse ich mir nicht gefallen.“ Aus berufspolitischer Sicht seien Impfungen bei anderen Heilberufler:innen schwierig, weil es die Stimmung untereinander verschlechtere. „Und wir wollen uns nicht auseinander differenzieren.“

Sollten die Apotheken tatsächlich in die Impfkampagne eingespannt werden, fordert Buhlinger-Göpfarth gleiche Rahmenbedingungen – also die gleichen Dokumentationspflichten, das gleiche Honorar und die gleichen Notfallseminare. „Und was passiert, wenn ein Patient nach der Impfung in der Apotheke umkippt? Wird dann der Hausarzt angerufen?“, fragt sie sich. „Eine Impfung bedeutet nicht nur eine Spritze, da steckt eine große Verantwortung dahinter.“ Dazu komme, dass es nicht genug Impfstoff gebe.

Bei den Tierärzt:innen will man sich dagegen zurückhalten. „Wir müssen uns nicht anbiedern“, sagt eine Sprecherin des Tierärzteverbands. Im Frühjahr habe man die Bereitschaft zur Teilnahme an den Corona-Schutzimpfungen signalisiert und sei auf Widerstand der Humanmediziner:innen gestoßen. Generell sei eine Impfung durch Tierärzt:innen aufgrund der Ausbildung machbar – anders als bei den Apotheker:innen. Allerdings müssten zuvor haftungsrechtliche Fragen geklärt werden. Eine Tierärzt:in dürfe etwa im Fall einer allergischen Reaktion auf die Impfung die Patient:in nicht behandeln, obwohl sie es könnte. Zudem müsse die Honorierung geklärt werden. „Es gibt die Bereitschaft unter den Tierärzten, manche wollen es auf keinen Fall“, so die Sprecherin. Dass die Impfungen in den Praxen stattfinden, sei unwahrscheinlich. Denkbar sei, dass die Veterinärmediziner:innen in Impfzentren immunisieren könnten.

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) signalisieren generell ihre Bereitschaft. „Angesichts der viel zu hohen Infektionszahlen mit Rekordwerten steht die Zahnärzteschaft bereit, bei der dringend notwendigen Beschleunigung der Impfkampagne die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen. Wir müssen in dieser besonderen Ausnahmesituation alle verfügbaren Kräfte des Gesundheitssystems bündeln, um die vierte Corona-Welle zu brechen.“ Aber: Zahnärzte und ihre Teams seien bereit, bei der notwendigen Beschleunigung der Impfungen ärztliche Kolleg:innen „zunächst in externen mobilen Einheiten, Arztpraxen und Impfzentren zu unterstützen. Falls die pandemische Lage dies erfordern sollte, können darüber hinaus perspektivisch auch Impfungen in Zahnarztpraxen in Betracht gezogen werden. Hierfür fehlen derzeit jedoch noch entsprechende Voraussetzungen wie etwa Software-Tools.“