„Ist das noch sinnvolle Gesundheitspolitik?“

KV will Impf-Apotheken rückgängig machen Patrick Hollstein, 20.05.2022 14:42 Uhr

Als Vorstand der KV Berlin wollen Günter Scherer, Dr. Burkhard Ruppert und Dr. Bettina Gaber (von links) die Freigabe von Grippeimpfungen in Apotheken wieder rückgängig machen. Foto: KV Berlin / Christof Rieken
Berlin - 

Die Ärzte wehren sich weiter gegen die Freigabe von Grippeimpfungen in Apotheken. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin fordert, dass der Beschluss des Bundestags rückgängig gemacht wird, und ätzt gegen die Politik.

Die gestrige Entscheidung des Bundestags, Grippeimpfungen in Apotheken künftig als Teil der Regelversorgung anzubieten, hält die KV Berlin für falsch. „Damit greift die Politik massiv in bewährte medizinische Strukturen ein, missachtet originäre ärztliche Aufgaben und sorgt damit für eine potenzielle Gefährdung in der Patientenversorgung“, heißt es seitens des Vorstands. „Wir bleiben dabei: Apotheken haben nicht die umfassende Kompetenz, Impfungen sowie medizinische Maßnahmen rund um die Impfung durchzuführen. Deshalb muss diese Entscheidung zurückgenommen werden.“

Gerade für ältere und chronisch kranke Patient:innen sei es wichtig, ganzheitlich medizinisch versorgt zu werden und gegebenenfalls zeitnah notwendige medizinische Schritte einzuleiten. Dies sei im Rahmen einer Impfung in einer Apotheke nicht möglich. Aber auch jüngere Personen, die zum Beispiel aus beruflichen Gründen eine Grippeimpfung benötigen, sollten laut KV nicht ohne medizinische Vorbesprechung und -betreuung eine Impfung erhalten.

Aus Sicht der KV Berlin wäre es sinnvoller gewesen, erst einmal die Ergebnisse der bundesweiten Modellprojekte abzuwarten. Bisher sei nicht ersichtlich, ob etwa der zweijährige Pilot im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, der noch bis Ende August läuft, Ergebnisse erzielt, aus denen abgeleitet werden könne, dass Apotheken eine Ergänzung im Impfprozess sein könnten. Hier habe die Politik den zweiten vor dem ersten Schritt gemacht.

„Mittlerweile muss man sich ernsthaft die Frage stellen, ob aktuell noch sinnvoll Gesundheitspolitik betrieben wird. Im BMG scheint in dieser Frage der Aktionismus den Takt vorzugeben. Durch die Hintertür und über die Köpfe der Ärztinnen und Ärzte hinweg werden Entscheidungen getroffen, die nicht durchdacht sind.“ Deshalb könne es nur eine Richtung geben: Der Gesetzgeber muss seine Entscheidung noch einmal überdenken.