Ärzte-Bestechung

Die verschonte Korruption Alexander Müller, 20.06.2013 09:14 Uhr

Weil sich die politischen Parteien im Kampf gegen Korruption uneins sind, gibt es vielleicht gar keine Lösung. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Ärzte können nach derzeitiger Rechtslage nicht wegen Bestechlichkeit belangt werden. Seit dieser Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) bastelt die Politik an einer gesetzlichen Regelung. Die Regierung will eine Klarstellung im Sozialgesetzbuch V (SGB) vornehmen. SPD-geführte Bundesländer fordern im Bundesrat dagegen eine Ergänzung im Strafgesetzbuch (StGB). Weil keine Seite nachgibt, wird es vorerst vermutlich überhaupt keine Lösung geben.

Bahr will im SGB den Paragraphen zu „Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit“ ergänzen. Leistungserbringern oder deren Angestellten soll damit verboten werden, Geld oder sonstige Vorteile anzunehmen oder zu fordern, und sich in der Therapie oder Leistungserbringung beeinflussen zu lassen. Verstöße sollen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.

Die schwarz-gelben Koalition hat ihr Vorhaben über einen Änderungsantrag an das Präventionsgesetz angehängt. Weil die Opposition dieses Gesetz im Bundesrat aber vermutlich blockieren wird, wäre auch das Korruptionsgesetz abgeschossen. In Oppositionskreisen wird gemunkelt, Bahr lege es genau darauf an. Denn das Gesetz sei ohnehin ein „Papiertiger“.

Vor allem die Formulierung „nicht nur geringfügiger wirtschaftlicher Vorteil“ wurde als zu vage kritisiert. Zur Begründung schreiben die Regierungsfraktionen: „Ob ein Vorteil ein mehr als nur geringfügiges Ausmaß erreicht, ist anhand der Umstände des konkreten Falles zu beurteilen.“ Nicht erfasst sollen Vorteilen sein, von denen „kein oder nur ein geringer Einfluss auf Diagnose- und Therapieentscheidungen ausgehen kann“.

Kritisiert wurde auch die Einschränkung der Antragsteller. Laut Bahrs Vorschlag können betroffene Versicherte, deren Kasse, die Ärztekammern oder Kassenärztliche Vereinigungen sowie Kollegen Verdachtsfälle melden. Ausgeschlossen sind dadurch sogenannte Whistleblower (Hinweisgeber), also nicht direkt Betroffene.

Während die Kassen die Verortung im Sozialgesetzbuch begrüßten, wären Opposition und auch die Ärzte lieber über das Strafrecht gegangen – schon wegen der Signalwirkung. Der Alternativvorschlag in der Länderkammer sieht daher die Einführung eines neuen Paragraphen „Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen“ im StGB vor.

Im BMG ist man wiederum von diesem Weg nicht überzeugt: Der Vorschlag sei rechtlich kaum umsetzbar, wie auch das Bundesjustizministerium nach einer Prüfung bestätigt habe. Der Minister strebe dagegen eine „schnelle und pragmatische“ Lösung an, heißt es aus seinem Haus.

Durch die Verknüpfung mit dem Präventionsgesetz übt die Koalition außerdem Druck auf Rot-Grün aus: „Man muss schon gute sachliche Argumente vorbringen, um das abzulehnen“, sagte kürzlich der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU). Solches „parteipolitisches Gekaspere“ müsse die Opposition ansonsten selbst verantworten. In Regierungskreisen wird daher die Bundesratsinitiative der SPD-Länder als „Feigenblatt“ bezeichnet.

Weil beide Vorhaben durch Bundestag und Bundesrat müssten, droht eine politische Blockade: Alle Parteien wollen etwas gegen Korruption unternehmen, aber nicht gemeinsam. Einen neuen Anlauf gäbe es dann vermutlich erst in der nächsten Legislatur.