Grünen-Politiker beim Apothekenbesuch

Dahmen: „Ein Gutes hat diese Engpass-Krise…“ Alexander Müller, 30.01.2023 12:45 Uhr

Der grüne Gesundheitspolitiker Dr. Janosch Dahmen will den Apotheken im Kampf gegen die Lieferengpässe mehr Freiheiten einräumen. Foto: Grüne im Bundestag, S. Kaminski
Berlin - 

Bei einem Apothekenbesuch hat der grüne Gesundheitsexperte Dr. Janosch Dahmen Andeutungen gemacht, dass sich bei der Honorierung des Botendienstes etwas tun könnte. Und er hat die Apotheken aufgefordert, selbst Vorschläge zum Bürokratieabbau vorzulegen.

Der Bundestagsabgeordnete der Grünen für Hagen und den Ennepe-Ruhr-Kreis war zu Besuch in der Alten Apotheke von Jörg Pesch in Hagen. Der Apotheker ist Vorsitzender der Bezirksgruppe Hagen im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL). Dahmen wollte sich vor Ort ein Bild vom Ausmaß der Engpässe und der aktuellen Situation machen.

Bürokratie erstickt Apotheken

Das Problem mit den Lieferengpässen spitze sich seit Jahren schon zu, so Pesch. „Engpässe sind kein neues Phänomen, wir haben immer wieder darauf hingewiesen – ohne dass etwas passiert ist.“ Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat in einem Eckpunktepapier mehrere Maßnahmen angekündigt. Dahmen forderte darüber hinaus, den Apotheken mehr Freiheiten zu geben, im Falle von Lieferengpässen auf Alternativen auszuweichen. So müsse unter anderem sichergestellt werden, dass die Apotheken ohne neue Verordnung vom Arzt Rezepturen herstellen könnten und auch bezahlt bekämen.

Pesch wies auf den enormen bürokratischen Aufwand hin, der in den Apotheken für jedes Fläschchen Fiebersaft und jede Salbe betrieben werden müsse. Eine Viertelstunde wende eine Fachkraft für die eigentliche Herstellung auf – und 45 Minuten für die Dokumentation. Damit sei ein Mitarbeiter eine komplette Stunde gebunden – und das in Zeiten eines enormen Fachkräftemangels. „Das sollten wir ändern“, räumte Dahmen im Gespräch ein und erbat vom Berufsstand Vorschläge, wie der Prozess zu verschlanken sei.

Reform der Notdienstpauschale?

Zwar habe die Ampel im ersten Jahr ihrer Regierung nicht sofort alle Probleme lösen können, die sich in der Vergangenheit über viele Jahre aufgestaut hätten, so Dahmen. „Doch ein Gutes hat diese Engpass-Krise: Sie hat ein Bewusstsein in der Gesellschaft für die Probleme geschaffen und die Bereitschaft in der Politik erhöht, die Dinge anzugehen“, sagte der Grünen-Politiker.

Dahmen kündigte laut Bericht des AVWL für dieses Jahr eine Reform der Notfallversorgung an. Dabei soll geprüft werden, wie der Apothekennotdienst und die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung im Notfall verbessert werden kann. Dahmen sagte demnach zu, hier auch prüfen zu wollen, wie eine Wettbewerbsverzerrung beim Versandhandel in der Sicherstellung der Apothekennotdienste etwa durch eine Reform der Vergütung vermieden werden könne.

Ampel will Retax angehen

Pesch erklärte dem Besucher aus dem Bundestag auch das Problem der Nullretaxationen. Immer wieder honorierten Krankenkassen weder die Arbeit noch erstatteten sie den Apotheken ihren Wareneinsatz. Dahmen stellte in Aussicht, etwaige Lösungen im Rahmen der Debatte eines Gesetzes zur Entbürokratisierung im Gesundheitswesen zu erörtern.

Zunächst werden die Apotheken aber finanziell weiter belastet. Im Februar steigt der Kassenabschlag von 1,77 auf 2 Euro pro Packung. Dahmen rechtfertigte die Maßnahmen im Finanzstabilisierungsgesetz mit der schlechten Finanzlage der Kassen. Die Last sei auf viele Schultern verteilt worden und die Apotheken müssten wie alle anderen in Verantwortung genommen werden.