Niedersachsen

Apotheken für „Regionalzentren“ gesucht dpa, 20.08.2020 14:54 Uhr

Versorgungszentren: Die Niedersächsische Landesregierung will die Versorgung auf dem Land sichern. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Der nächste Arzt ist auf dem Land in Niedersachsen oft weit weg – und im Alter nimmt die Mobilität der Menschen ab. Zudem gehen viele Hausärzte in Rente, eine Nachfolge für ihre Praxen ist oftmals nicht in Sicht. Dagegen wird bereits etwas getan: So ist etwa eine Landarztquote in Niedersachsen geplant – ein Teil der Medizinstudienplätze soll an junge Leute vergeben werden, die sich verpflichten, später als Arzt in ein unterversorgtes Gebiet zu gehen. Nun erprobt Niedersachsen ein weiteres Modell, sogenannte regionale Versorgungszentren mit Ärzten und anderen Heilberufen. Apotheker können auch mitmachen.

In der Wesermarsch in Nordenham entsteht eines von drei neuen Zentren, Regionalministerin Birgit Honé (SPD) übergab
heute den Förderbescheid an den stellvertretenden Landrat, Dieter Kohlmann (CDU). Ziel der Zentren ist es, ländliche Gegenden in Niedersachsen lebenswerter zu gestalten und Versorgungsangebote unter einem Dach zu bündeln, vor allem im medizinischen Bereich. „Dafür wollen wir eine an den praktischen Bedürfnissen der Menschen orientierte Infrastruktur schaffen, die viele und lange Wege vermeidet“, so die Ministerin.

Außer Nordenham bekommt auch Nordholz im Kreis Cuxhaven ein solches Zentrum. Ferner wird derzeit noch ein dritter Standort gesucht, der vermutlich im Süden oder Südwesten des Landes liegen wird. Unter dem Motto „Alles unter einem Dach“ sollen mehrere Dienstleistungen und Angebote gebündelt werden. In erster Linie soll die medizinische Versorgung gewährleistet werden. In den Versorgungszentren sollen Ärzte arbeiten, die bei der Kommune angestellt sind. Ihnen sollen flexible Arbeitszeiten ermöglicht werden – sie müssen also keine 24/7-Erreichbarkeit haben, die die ein Leben als Landarzt oft unattraktiv macht. Zusätzlich sollen in die Versorgungszentren je nach regionalem Bedarf Apotheken, Pflegeberatungsstellen, Tagespflegeeinrichtungen, Physiotherapie- oder Hebammenpraxen, Bürgerbüros, Sanitätshäuser oder auch Cafés einziehen.

Es gibt bereits kommunal getragene Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Die Regionalen Versorgungszentren gehen mit ihren Angeboten noch einen Schritt weiter. Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund findet die Idee zwar grundsätzlich gut, kritisiert aber die kommunale Trägerschaft, da den Kommunen die finanziellen, fachlichen und personellen Kapazitäten fehlten. „Sollten sich private Betreiber nicht finden, ist die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen aufgrund ihres Sicherstellungsauftrages gehalten, von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen, Eigeneinrichtungen zu gründen“, sagt Geschäftsführer Oliver Kamlage.

Das Modellprojekt dient auch dazu, lange Wege zu vermeiden, heißt es im Konzeptpapier des Ministeriums. Die Zentren sollen selbst für alte Menschen in abgelegenen Dörfern mit Bussen oder mit Ruf- und Sammeltaxen gut erreichbar sein. Bisher müssen sie oftmals für verschiedene Beratungs- und Versorgungsangebote an unterschiedliche Orte fahren. „Für den einen Bedarf muss ich sonst vielleicht 10 Kilometer in die eine Richtung und für den anderen 15 Kilometer in die entgegengesetzte Richtung“, so eine Sprecherin des Ministeriums für Regionale Entwicklung. Mit der Bündelung unter einem Dach versprechen sich die Akteure auch eine gute Vernetzung der Dienstleister untereinander. Das Ministerium erhofft sich zudem, mit den Zentren das Leben auf dem Land attraktiver zu machen.

Für das Modellprojekt wurden die Landkreise Cuxhaven und Wesermarsch ausgesucht, ein dritter Kreis wird noch gesucht. Dort droht in nächster Zeit am ehesten eine Unterversorgung mit Hausärzten. Im Landkreis Cuxhaven soll das Zentrum in Nordholz entstehen, einer Stadt mit 6000 Einwohnern. In der Gemeinde gehen mindestens drei Hausärzte in den nächsten Jahren in Ruhestand.

Die Erprobungsphase, wie gut die Zentren laufen, ist bis Ende 2021 geplant. Ende 2021 könnten die Zentren dann in den regulären Betrieb gehen. Bei Erfolg könnten nach Vorstellung des Ministeriums auch in anderen ländlichen Gebieten Versorgungszentren entstehen. Für das Projekt in den drei Landkreisen stellt das Land 3,7 Millionen Euro zur Verfügung.