Ernährung

So essen Teenies gesünder dpa, 12.09.2016 21:58 Uhr

So klappt's: Forscher haben herausgefunden, wie Jugendliche dazu bewegt werden können, gesünder zu essen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Chicago - 

Speziell auf sie zugeschnittene Ernährungskampagnen sind bei Jugendlichen wirksamer – zumindest ein bisschen. Das schreiben US-Psychologen um Christopher Bryan von der University of Chicago (Illinois) in der Fachzeitschrift „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS). Man müsse an Werte appellieren, die bei Heranwachsenden besonders stark ausgeprägt sind – beispielsweise soziale Gerechtigkeit. Generelle Informationen über gesundes Essen bringen den Forschern zufolge wenig.

Sie hatten Achtklässlern Texte gegeben, in denen Methoden der Lebensmittelindustrie angeprangert werden – beispielsweise, dass sie auf Verpackungen den Anschein erweckt, ungesunde Lebensmittel seien gesund. Bei einer kleinen Schulfeier kurz darauf griffen diese Schüler etwas seltener zu ungesunden Lebensmitteln und Getränken als ihre Altersgenossen, die allgemeiner oder gar nicht informiert wurden.

„Eine wesentliche Einschränkung der aktuellen Theorien in der Verhaltensforschung ist ihre Unfähigkeit, Strategien zu bieten, die internalisierte Veränderungen bei jugendlichen Ernährungsvorlieben hervorbringen“, schreiben die Forscher. Psychologische Vorgehensweisen, die bei Kindern fruchteten, blieben bei Pubertierenden erfolglos. Deshalb entschieden sich Bryan und seine Kollegen dafür, spezifisch jugendliche Werte anzusprechen.

Ihre Versuche führten die Psychologen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren an Schülerinnen und Schüler der achten Klasse einer Middle School in Texas (USA) durch. Insgesamt waren 536 Jugendliche beteiligt.

Ein Teil von ihnen sollte Zusammenfassungen von journalistischen Texten lesen. In den Artikeln ging es um Methoden der Lebensmittelindustrie: dass sie Produkte herstellt, die ein gewisses Suchtpotenzial haben, oder dass sie mit ihrer Werbung vor allem Kinder und arme Menschen ansprechen will. Ein weiterer Teil der Schüler erhielt neutrale Informationen über Gesundheit und Ernährung, einige Schüler bekamen keine Infos zu dem Thema.

Per Fragebogen fanden die Forscher heraus, dass die journalistischen Artikel Wirkung zeigten: Die Schüler, die sie gelesen hatten, stimmten unmittelbar danach in höherem Maße als die übrigen Schüler Aussagen wie den folgenden zu: „Wenn ich gesund esse, fühle ich, dass ich die Kontrolle über meine Ernährungsgewohnheiten übernehme.“ – “Wenn ich gesund esse, trage ich meinen Teil dazu bei, Kinder zu schützen, die von Lebensmittelunternehmen gesteuert werden.“ – „Ich respektiere gesunde Esser mehr als ungesunde Esser.“ Der erste Satz spricht die Autonomie gegenüber Erwachsenen an, der zweite die soziale Gerechtigkeit und der dritte den sozialen Status.

Die Nagelprobe aber war einen Tag nach der Befragung eine kleine Feier, bei der sowohl eher ungesunde Lebensmittel und Getränke wie Kekse und Softdrinks sowie eher gesunde wie Obst und Wasser angeboten wurden. Die Feier war Wochen zuvor vom Schuldirektor angekündigt worden, damit die Schüler keinen Zusammenhang mit den Befragungen vermuteten. Dabei wählten die Jugendlichen, die die journalistischen Artikel gelesen hatten, im Durchschnitt 2,13 ungesunde Portionen, die übrigen Schüler jedoch 2,3. Dabei machte es keinen Unterschied, ob Schüler allgemeine Informationen über Gesundheit und Ernährung oder gar keine erhalten hatten.

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln sind rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig. Das sind fast zwei Millionen Drei- bis 17-Jährige. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kinder- und Jugendalter in Berlin leiden 8,5 Prozent der 14- bis 17-Jährigen an starkem Übergewicht mit krankhafter Veränderung des Stoffwechsels (Adipositas). Die gesundheitlichen Folgen sind der BZgA zufolge Veränderungen bei den Blutwerten, eine geringere körperliche Fitness sowie ein schnellerer Verschleiß von Gelenken. Als Ursachen gelten fett- und zuckerreiche Ernährung, zu wenig Bewegung, zu wenig oder unregelmäßiger Schlaf, Stress und zum Teil auch die Erbanlagen.