CDC warnt vor gleichzeitiger Corona- und Grippewelle

USA: Grippeimpfungen gegen den nächsten Corona-Ausbruch APOTHEKE ADHOC, 24.04.2020 09:16 Uhr

„Ein paar kleinere Corona-Ausbrüche": US-Präsident Donald Trump weist Sorgen des CDC-Direktors zurück, dass ein Zusammenfallen der nächsten Corona-Welle mit der Grippesaison fatale Auswirkungen haben könnte. Foto: Gage Skidmore/Flickr
Berlin - 

In den USA wütet Sars-CoV-2 weiter so stark wie in keinem anderen Land der Welt: Fast 850.000 registrierte Infektionsfälle gibt es mittlerweile – fast viermal so viele wie in Spanien, das auf dem zweiten Platz des Länderrankings folgt. Die Centers for Disease Control (CDC) als Pendant zum deutschen Robert-Koch-Institut (RKI) warnen jedoch bereits vor der zweiten Welle: Die könne schlimmer ausfallen als die jetzige, vor allem weil sie voraussichtlich mit der Grippewelle zusammenfallen werde, befürchtet CDC-Direktor Dr. Robert Redfield. Die Behörden müssten deshalb alles tun, um die Durchimpfungsrate der Bevölkerung gegen Influenza schon im Sommer zu steigern.

Es könne ein „doppelter Schlag“ werden, den das Gesundheitssystem nicht verkraftet, warnte Redfield am Mittwoch in einem Interview mit der Washington Post. „Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass der Angriff des Virus auf unser Land im nächsten Winter noch schwerer abzuwehren sein wird als der jetzige“, so Redfield. „Dann werden wir die Grippe- und die Coronavirus-Epidemie zur gleichen Zeit erleben.“

Die vergangene Grippewelle sei schwächer als sonst verlaufen und der Sars-CoV-2-Ausbruch habe just dann begonnen, als sie gerade vorbei war. Hätte er früher bekommen, wäre es mit Blick auf die Kapazitäten des Gesundheitssystems „sehr, sehr, sehr, sehr schwer“ geworden, die Pandemie in den Griff zu bekommen, so Redfield. Ein Blick auf die Zahlen des Vorjahres zeigen dabei, welche Ausmaße eine Grippewelle in den USA normalerweise annimmt: In der Grippesaison 2018/19 hatten sich 35,5 Millionen Menschen in den USA angesteckt, 490.600 mussten ins Krankenhaus, 34.200 starben. Daten der Johns Hopkins University zufolge haben bisher knapp 47.000 Menschen in den USA im Zusammenhang mit Covid-19 ihr Leben verloren.

Die Behörden müssen sich deshalb rüsten und bereits in den Sommermonaten damit beginnen, die Menschen zu einer Grippeimpfung zu drängen. Die Durchimpfungsrate in der Bevölkerung müsse erhöht werden, damit Ende des Jahres weniger Menschen in die Krankenhäuser kommen und mehr Kapazitäten für Covid-19-Patienten frei bleiben, fordert der CDC-Direktor. Eine Grippeimpfung, „könnte es dieses Jahr erst ermöglichen, dass für Ihre Mutter oder Ihre Großmutter überhaupt ein Krankenhausbett frei ist, wenn sie am Coronavirus erkrankt“, so Redfield.

Neben einer möglichst hohen Durchimpfungsrate bei der Influenza sei es vor allem von Bedeutung, die Kapazitäten bei Diagnose und Nachverfolgung sozialer Kontakte auszubauen, um regionale Covid-19-Ausbrüche schnell identifizieren und eindämmen zu können. „Im Herbst und Winter werden zwei Virusarten zirkulieren, Influenza und das Coronavirus, und wir werden in der Lage sein müssen, beide auseinanderzuhalten“, so Redfield. Außerdem müssten die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung so weit wie möglich aufrechterhalten werden. Die Maßnahmen hätten „enorme Auswirkungen“ auf die Verbreitung des Virus – das werde sich ab Herbst wieder zeigen.

Aus dem Weißen Haus erhielt Redfield allerdings bisher eher verhaltene Unterstützung für seinen Vorstoß. Deborah Birx, Koordinatorin der „White House Coronavirus Task Force“, spielte Redfields Sorgen herunter. „Ich weiß nicht, ob es noch schlimmer wird. Ich denke es ist jetzt schon ziemlich schlimm”, so Birx. „Wenn Sie sich anschauen, was in New York passiert ist, das war wirklich schlimm. Ich glaube, wir werden sowohl aus unserer Überwachung als auch von den Risikogruppen Frühwarnsignale erhalten.“ New York gilt als Epizentrum der Pandemie in den USA. Allein in New York City haben sich rund 150.000 Menschen infiziert, über 15.000 sind verstorben.

Birx‘ oberster Dienstherr sieht es ähnlich wie die HIV-Ärztin: Er beschwerte sich bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus, die Presse hätte Redfield falsch zitiert. Die Washington Post hatte das Interview nämlich damit überschrieben, dass der CDC-Direktor warne, die nächste Coronawelle könne verheerender werden als die jetzige. Das habe er aber so nicht gesagt, so US-Präsident Donald Trump. Es werde keinen schlimmeren Coronaausbruch geben als im Moment, sondern lediglich eine Grippewelle „und möglicherweise ein paar kleinere Corona-Ausbrüche, um die wir uns dann schon kümmern werden“.