Luzern

Von der Drogeriekette in die Kräuter-Apotheke Torsten Bless, 17.08.2017 14:56 Uhr

Berlin - 

In der malerischen Altstadt von Luzern steht die Alte Suidertsche Apotheke. Ihre Einrichtungen stammt noch ebenso aus den Gründertagen des 19. Jahrhunderts wie die vielen raffinierten Kräutermischungen. Der Chef der ältesten Offizin am Platz ist – wie ein verlorener Sohn – aus der Industrie zurück in seine Heimat.

Seit 2011 ist Dr. Matteo Schaffhauser Chef im Traditionshaus. „Ich habe über 20 Jahre in der Industrie gearbeitet.“ Er war für die Drogeriekette Dropa und den Pharmagroßhändler Galexis tätig sowie Inspektor bei der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel. Doch es zog ihn zurück in die Heimat: „Meine Eltern kommen aus Luzern, und auch ich bin hier aufgewachsen“, erzählt er. Der Zufall führte ihn in die Alte Suidertsche Apotheke. Die Vorbesitzerin Dr. Bibiana Longauer war 2010 plötzlich verstorben, nach 30 Jahren in der Offizin.

Die Apotheke gefiel Schaffhauser auf Anhieb sehr gut. „Innerhalb von drei Tagen war der Vertrag unter Dach und Fach.“ In der heutigen malerischen Altstadt gelegen hat die Alte Suidertsche Apotheke eine lange Tradition. Gegründet wurde sie 1833 von Dr. Leopold Suiter, bis 1937 blieben die Räume im Familienbesitz. Die Einrichtung der Offizin verströmt noch heute eine gediegen-nostalgische Atmosphäre. „Das Interieur ist sehr gut erhalten, es stammt praktisch noch aus der Anfangszeit“, berichtet der Pharmazeut. Ebenfalls treu seien die Mitarbeiter, manche arbeiteten bereits seit mehr als 20 Jahren hier.

Zu etwa 80 Prozent werde die Apotheke von treuen Stammkunden besucht. „Aber wir haben auch viele Touristen, so werden wir etwa in einem chinesischen Reiseführer verzeichnet“, berichtet Schaffhauser. „Besucher aus nah und fern zieht unser Demoschaufenster an. Hier gibt es Einblicke in eine alte Rezeptur, mit Standgefäßen und vielen Behältnissen, mit einem Rezepturbuch von vor 1540, einer Eule und einem Drachen.“

Einen großen Wert liegt die Alte Suidertsche Apotheke auf Naturheilkunde und Homöpathie. Die hauseigenen, zu einem großen Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Rezepturen, werden auch heute noch hochgehalten. „Das sind alles gute Präparate. Die Apotheke hat dafür im Laufe der Jahre viele Auszeichnungen erhalten. Ab und zu passe ich die Mischungen den heutigen gesetzlichen Anforderungen an, dann werden alte Wirkstoffe durch neue ersetzt.“ Leider könne dann nicht jedes alte Eigenprodukt in neue Zeiten gerettet werden.

Ein Dauerbrenner bleibe die Mutter-Kind-Creme, berichtet Schaffhauser. „Sie kann für den wunden Babypo eingesetzt werden, aber auch als Lippenbalsam. Sie hilft bei der Heilung von kleinen Verletzungen, aber dem Vernehmen nach auch bei Flechten an den Händen, bei denen sonst keine anderen Mittel mehr wirken.“

Ebenfalls im Programm sind auf Kräuter basierende Mischungen, die verschieden konzentriert jeweils einen anderen Effekt entfalten. „Dafür halten wir ständig 350 verschiedene Kräuter auf Lager“, so der Apotheker. Der schonende Schwangerschaftstee ist besonders geeignet für werdende Mütter, die anderes in dieser Zeit nicht vertragen.

Der Marienbader Entfettungstee wirkt abführend und entschlackend. Der Professoren-Tee mag der Retter in der Not sein, wenn die Stimme zu versagen droht. Die Myrrhe-Ratanhia-Tinktur hilft bei Aften und Wunde im Mundbereich. Ein Dauerbrenner im Sortiment bleibt Dr. Grüningers Hustentee, benannt nach einem Pneumologen und Haus- und Hofmediziner der Gründerfamilie Suidter.

Etwa 40 Kräuter stecken im Schwedischen Lebensexlixier. Er wirkt bei Gallenfluss und Magen-Darm-Beschwerden. „Wer will, kann sich das Elixier mit der bei uns erhältlichen Mischung selbst anfertigen“, sagt der Apotheker. „Die Kräutermischung wird mit Schnaps oder Alkohol versetzt und gärt zwei Wochen. 20 Tropfen kommen dann auf ein Glas Wasser.“

Aus Tradition hält Schaffhauser auch Rezepturen für Kühe und Pferde vorrätig. „Das ist mir wichtig, auch wenn die Nachfrage danach heute nicht sehr groß sei. „Die Tierärzte sind mit ihren Medikamenten näher an ihren Patienten dran.“
Die Resonanz auf die Eigenkreationen sei nach wie vor sehr gut. Vorerst gibt es die Spezialitäten des Hauses nur vor Ort. Schaffhauser denkt über die Schaffung eines Webshops nach. „Dafür muss ich allerdings noch viele gesetzliche Vorgaben berücksichtigen, das wird noch eine Weile dauern.“ Bis dahin lohnt sich der Besuch in Luzern – die Apotheke ist wirklich eine Sommer-Reise wert.