Kanada

Sandoz, Sterilitätsmängel und ein Feuer APOTHEKE ADHOC, 03.04.2012 10:21 Uhr

Berlin - 

Was es bedeutet, wenn die Arzneimittelversorgung von einem Hersteller abhängig ist, das mussten kanadische Behörden und Krankenhäuser in den vergangenen Wochen leidvoll erfahren: Sandoz hatte Schwierigkeiten, Infusionen zur Verfügung zu stellen, darunter Analgetika, Betäubungsmittel (BTM) und Sedativa. Grund waren Produktionsprobleme im kanadischen Werk der Novartis-Tochter.

 

Bereits im November hatte es in dem Werk in Boucherville im kanadischen Québec Ärger gegeben. Bei einer Routineinspektion hatten Prüfer der US-Arzneimittelbehörde FDA eine Reihe von Mängeln kritisiert: Unter anderem gebe es keine geeigneten Maßnahmen, die die geforderte Sterilität der Präparate sicherstellten. Bei einigen Infusionslösungen seien aus nicht geklärten Gründen Kristallisationsprobleme aufgetreten, zudem seien Verschlüsse nicht routinemäßig auf Endotoxine geprüft worden, so die Prüfer.

Ende Februar musste Sandoz die Produktion in Boucherville teilweise herunterfahren. Als nicht-essentiell eingestufte Präparate wie Salben, Opthalmika, Zäpfchen sowie einige Infusionslösungen wurden nicht mehr im kanadischen Werk hergestellt. Wenige Tage später legte ein Feuer auch die restliche Produktion lahm. Die Flammen brachen am 4. März in der Decke über einem Heizraum aus, die Aufräumarbeiten dauerten mehrere Tage. Doch damit nicht genug: Ende März musste der Hersteller zudem eine Charge Morphin Sulfat zurückrufen, nachdem in einer Packung Isoproterenol-Ampullen gefunden worden waren.

 

 

Schon vorher war man bei der kanadischen Arzneimittelbehörde Canada Health nervös geworden: Weil Medienberichten zufolge rund 90 Prozent der generischen Infusionen aus Boucherville stammen, führten die Probleme bei Sandoz zu Versorgungsengpässen. Canada Health schloss einen Griff in die staatlichen Notfallreserven nicht aus und suchte nach alternativen Anbietern.

Weil sich daraufhin auch andere Tochterunternehmen von Novartis meldeten, wurde dem Konzern vorgeworfen, am Ende über Preiserhöhungen noch von den Problemen im eigenen Haus zu profitieren. Man sehe den Engpass nicht als Gelegenheit zur Profitsteigerung, beeilte sich Sandoz daraufhin zu versichern.

Inzwischen sind die Produktionsengpässe in Boucherville offenbar zumindest teilweise überwunden: Dem Konzern zufolge läuft die Herstellung der besonders wichtigen Präparate wieder im vollen Umfang. Noch ist allerdings offen, wann auch die übrigen Arzneimittel wieder in Boucherville produziert werden. Ob Sandoz auch politisch mit einem blauen Auge davon kommt, ist noch offen: Die Beschwerden der Gesundheitsminister der Provinzen über die Abhängigkeit von einem einzigen Hersteller häufen sich.