A-Streptokokken

Nach Schnelltest: Antibiotikum vom Apotheker APOTHEKE ADHOC, 05.04.2017 14:38 Uhr

Berlin - 

In einigen europäischen Ländern werden Apothekern immer mehr Aufgaben in der Primärversorgung von Patienten zu übertragen. In der Schweiz dürfen Apotheker bereits impfen und demnächst auch einige bisher verschreibungspflichtige Medikamente ohne Rezept abgeben. Auch der englische National Health Service (NHS) will Pharmazeuten künftig stärker in die Patientenversorgung einbinden.

Jedes Jahr kommen nach Angaben des NHS rund 1,2 Millionen Engländer mit Halsschmerzen zum Hausarzt. Fast zwei Drittel von ihnen erhalten dort ein Antibiotikum. Studien hätten allerdings gezeigt, dass weniger als 10 Prozent der Menschen, die über Halsschmerzen klagen, tatsächlich eine bakterielle Infektion haben.

Als Reaktion auf unnötige Hausarzt-Besuche und die nicht indizierte Verschreibung von Antibiotika bei Virusinfektionen wurde nun ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, das Schnelltests und eine sofortigen antibiotische Behandlung im Bedarfsfall beinhaltet. Demnach sollen Patienten mit Halsschmerzen zuerst in die Apotheke vor Ort gehen. Dort wird ein Rachenabstrich gemacht und ein A-Streptokokken-Schnelltest durchgeführt. Im Falle einer bakteriellen Infektion dürfen Pharmazeuten gleich ohne ein Rezept ein Antibiotikum abgeben.

In der Tat mussten zwei Drittel der insgesamt 367 Patienten, die das Angebot bisher getestet haben, keine Antibiotika nehmen, da ihre Halsschmerzen auf eine Virusinfektion zurückzuführen waren. Würde diese Dienstleistung auf nationaler Ebene eingeführt, würden 800.000 Hausarzt-Besuche wegfallen und damit rund 34 Millionen Pfund pro Jahr eingespart, rechnen die Projektverantwortlichen vor. Das Projekt läuft über den NHS Innovation Accelerator (NIA), eine Art Innovationsfonds des National Health Service.

Ein solches Angebot in Apotheken bringt aus Sicht der Behörde mehrere Vorteile. Einerseits ist es deutlich günstiger als ein Hausarztbesuch. Hausärzte und Notfallstellen würden außerdem nicht unwesentlich entlastet. Andererseits werden dabei weniger Antibiotika verschrieben. Auch Patienten würden von der Verlagerung gewisser Leistungen in die Apotheke profitieren. Die bisherigen Patienten hätten sich positiv über die neue Dienstleistung geäußert und die Zeitersparnis gegenüber einem Hausarztbesuch betont.

Das Pilotprojekt passt in die Gesamtstrategie des NHS. Demnach sollen Pharmazeuten künftig mehr in die Primärversorgung eingebunden werden und Anlaufstelle bei vielen Gesundheitsfragen sein. Das geht aus dem Versorgungsplan der Behörde für die nächsten zwei Jahre, der vor Kurzem veröffentlicht wurde. Das übergeordnete Ziel: Krankenhäuser und Notaufnahmen sollen entlastet werden, indem vor allem Patienten mit Bagatellerkrankungen auf andere Versorger umgelenkt werden. Derzeit seien rund 2500 Krankenhaus-Betten mit Patienten besetzt, die eigentlich keine stationäre Behandlung benötigten.

Hierbei kommt auch Apothekern eine wichtige Rolle zu. So soll bereits in diesem Jahr damit begonnen werden, über den Electronic Prescription Service (EPS) eine nahtlose Verbindung zwischen der Notrufnummer des NHS (NHS 111) und den Notdiensten der Allgemeinärzte zu den Apotheken herzustellen. Ebenfalls im Laufe des Jahres sollen Apotheken Zugang zu Patientendaten erhalten, entweder über die Patientenakte Summary Care Record (SCR) oder lokale Dienste für den Austausch von Versorgungsdaten. Mehr als 96 Prozent der englischen Bevölkerung haben einen SCR.