Italien

Finanzchaos in Apotheken Benjamin Rohrer, 03.09.2010 09:26 Uhr

Berlin - 

Apotheken in der süditalienischen Region Kampanien bitten ab Montag die Patienten zur Kasse: Für alle Medikamente verlangen sie den vollen Einkaufspreis, da die drei Krankenkassen der Region seit Januar ihre Rechnungen nicht bezahlt haben. Insgesamt sitzen die rund 770 Apotheken auf Forderungen in Höhe von 300 Millionen Euro - das entspricht rein rechnerisch 390.000 Euro pro Apotheke.

„Die Banken, die uns in den letzten Monaten mit Krediten versorgten, können uns nicht für immer aushelfen“, sagt der Leiter des neapolitanischen Apothekerverbandes , Dr. Michele Iorio. Deswegen fordern die Apotheker nun zumindest drei Monatszahlungen auf einmal. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Rezepte fortan zurückzuweisen oder den vollen Preis der Medikamente zu verlangen“, fügt er hinzu. Es gebe aber eine Liste mit „lebensrettenden Medikamenten“, die von dieser Regelung ausgeschlossen seien.

Thomas Schael, Verwaltungsleiter von einer der neapolitanischen Krankenkassen, räumt ein: „Die Apotheker haben recht. Die Region Kampanien hat große finanzielle Probleme.“ Man habe in den vergangenen Jahren zu hohe Gesundheitsausgaben gehabt. Das Gesundheitswesen macht laut Schael derzeit 70 Prozent des kampanischen Landeshaushaltes aus.

„Die finanziellen Mittel reichen derzeit nur für die Bezahlung unserer Mitarbeiter“, sagt Schael. Da in Italien die Regionen für die Finanzierung ihres Gesundheitswesens verantwortlich sind, rechnet Schael in den kommenden Jahren mit einer Reduzierung der Gesundheitsausgaben bei gleichzeitiger Erhöhung der regionalen Steuern. „Da sind die Apotheker noch ganz gut dran. Andere Bereiche müssen länger als ein Jahr auf ihr Geld warten“, so Schael.

Die Kassen haben inzwischen eine Verbraucherinformation aufgesetzt. „Wir werden den Bürgern mitteilen, dass sie die Ausgaben für ihre Rezepte bei uns zurückfordern können“. Durch das System der Kostenerstattung wollen die Kassen einen Teil des administrativen Aufwands einsparen. Auch die Schulden sollen binnen 90 Tagen beglichen werden. Vorraussichtlich.