Großbritannien

Fälschungskampagne geht über Leichen APOTHEKE ADHOC, 06.11.2009 09:09 Uhr

Berlin - 

Ein Toter im Hausflur, ein Obduktionstisch, Kühlfächer: Eine drastische Plakatkampagne soll britische Verbraucher von dem Bezug gefälschter Arzneimitteln abhalten. Mit dem Slogan „Get Real, Get a Prescription“ warnen der Hersteller Pfizer, die britische Arzneimittelbehörde, die Apothekerkammer und zwei Patientenorganisationen vor dem Bezug von Medikamenten aus unseriösen Quellen. „Gefälschte Arzneimittel online. Möglicherweise zahlen Sie nicht nur mit Ihrer Kreditkarte“, lautet einer der Solgans.

In Großbritannien ist es zwar grundsätzlich erlaubt, verschreibungspflichtige Medikamente im Internet ohne Rezept zu bestellen. Die Verordnungen werden dann anhand eines Fragebogens online erstellt. Doch offenbar haben die Briten zu großes Vertrauen in die nicht immer seriösen Anbieter: Zwei von drei Ärzten haben einer Umfrage zufolge schon Patienten behandelt, die Medikamente aus illegalen Quellen bezogen hatten.

Die gemeinsame Kampagne soll die Aufmerksamkeit der Verbraucher schärfen. „Wenn Sie Medikamente online kaufen, überprüfen Sie die Zulassung der Apotheke. Verlassen Sie sich nicht auf den ersten Eindruck - einige illegale Seiten sehen sehr professionell aus - und verkaufen trotzdem gefährliche Fälschungen“, sagte ein Sprecher der Apothekerkammer. „Ignoranz ist gefährlich, wenn es um gefälschte Arzneimittel geht“, warnt auch die Sprecherin einer Patientenorganisation. „Die Leute wären entsetzt, wenn sie wüssten, woraus diese Pillen wirklich bestehen.“

Die Öffentlichkeit soll eine Vorstellung davon bekommen, wie Arzneimittelfälschung funktioniert: Teil der Kampagne ist ein nachgebautes Fälscherlabor, mit dem Pfizer derzeit für eine Woche in sieben britischen Städten auf Tour geht.

Bereits Anfang des Jahres hatte die Gruppe um Pfizer mit einem makaberen Kinospot für Furore gesorgt: Nach der Einnahme gefälschter Medikamente erbricht ein Mann eine tote Ratte. Der Spot löste in Großbritannien Proteste aus: Bei der Medienaufsicht gingen Berichten zufolge mehr als 60 Beschwerden ein - ohne Erfolg. Der Spot sei darauf angelegt, die Aufmerksamkeit auf ein bedeutendes Problem zu lenken und sei daher bewusst aufrüttelnd, begründete die Behörde. Zum Start der neuen Plakatkampagne wurde der „Ratten-Spot“ jetzt erstmals im Fernsehen gezeigt - allerdings erst nach 23 Uhr.

In Deutschland hält sich der weltgrößte Pharmahersteller mit seiner radikalen Aufklärungsarbeit noch zurück: „Wir finden das Thema sehr wichtig, planen aber derzeit keine Kampagne dieser Art“, sagte ein Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC.