Polen

EuGH: Preis rechtfertigt Einzelimport nicht APOTHEKE ADHOC, 12.04.2012 08:57 Uhr

Berlin - 

Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Arzneimittel importiert werden, die im jeweiligen Land nicht zugelassen sind: In Deutschland muss der Apotheke dazu eine individuelle Bestellung vorliegen, der Einzelimport muss im Herkunftsland zugelassen sein und es darf hierzulande kein vergleichbares Präparat auf dem Markt sein. In Polen dagegen reichte es bislang, wenn ein ausländisches Generikum günstiger war als das zugelassene Referenzprodukt. Die EU-Kommission sah darin, möglicherweise aufgrund einer Beschwerde, eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts und hat erfolgreich vor dem  Europäischen Gerichtshof (EuGH) geklagt.

 

Laut polnischem Arzneimittelgesetz dürfen Medikamente ohne nationale Zulassung trotzdem eingeführt werden, wenn sie denselben Wirkstoff sowie dieselbe Dosierung und Darreichungsform wie ein bereits zugelassenes Präparat haben. Voraussetzung ist, dass der Preis gegenüber dem polnischen Präparat „wettbewerbsfähig“ ist, außerdem muss ein Arzt des Nationalen Gesundheitsdienstes den Bedarf feststellen. Ein Facharzt und der zuständige Minister müssen ebenfalls zustimmen.

Die EU-Kommission kritisierte, das EU-Recht lasse keine Ausnahmen aus finanziellen Gründen zu. Nur im begründeten Einzelfall seien Importe rechtens; Polen aber erlaube die Einfuhr von nicht-zugelassenen Arzneimitteln in größerem Stil, ausschlaggebend sei lediglich die Höhe des Preises.

 

 

Polen erwiderte, das nationale Recht sei sogar strenger als das europäische, weil Einzelimporte grundsätzlich verboten und nur bei günstigeren Preisen erlaubt seien. Außerdem werde die Regelung nur selten angewandt. Gleichzeitig seien diese Importe aber für „viele Patienten“ die einzige Behandlungsmöglichkeit, da sie nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügten.

Dem wollten die EuGH-Richter nicht folgen. Präparate ohne Zulassung im jeweiligen Land dürften nur in medizinisch begründeten Einzelfällen importiert werden. Sei dagegen ein Arzneimittel mit identischem Wirkstoff, Dosierung und Darreichungsform im Inland erhältlich, könne von besonderen Bedarfsfällen keine Rede sein.

Auch das Spar-Argument ließ der EuGH nicht gelten: Zwar sei die Ausgestaltung der Versicherungssysteme Sache der Mitgliedstaaten, aber auch hier müssten die EU-Vorgaben befolgt werden. Polen muss das Arzneimittelgesetz nun ändern, andernfalls riskiert das Land eine erneute Klage und finanzielle Sanktionen.