USA

Der Krieg der Apothekenketten Patrick Hollstein, 11.06.2010 18:41 Uhr

Berlin - 

Die US-Öffentlichkeit wird derzeit Zeuge einer gewaltigen Auseinandersetzung der beiden führenden Apothekenketten des Landes: Weil Walgreens sich ungerecht von CVS Caremark behandelt fühlt, haben die beiden Rivalen ihre Geschäftsbeziehungen gegenseitig gekündigt. Bei der Schlacht der Megaketten geht es um Tausende Apotheken, Milliarden US-Dollar - und die Versorgung von Millionen von Versicherten.

Vor drei Jahren war CVS mit dem Pharmacy Benefit Manager (PBM) Caremark verschmolzen. PBM verhandeln für Krankenversicherungen und Arbeitgeber die Konditionen mit Pharmaherstellern und Apotheken; durch die Fusion war CVS also Auftraggeber von Walgreens geworden.

Doch vielleicht wollte CVS die Caremark-Versicherten lieber in den eigenen Vor-Ort- und Versandapotheken sehen als in denen des Konkurrenten. Nach Angaben von Walgreens hat Caremark jedenfalls eine Reihe von Programmen aufgelegt, mit denen Walgreens-Kunden gezielt zu CVS umgeleitet wurden. Gleichzeitig habe Caremark die Preise für Walgreens auf ein Niveau gedrückt, das nicht dem Markt entspreche, und dabei so gut wie keine Informationen über die Versichertenprogramme übermittelt.

Am Montag platzte Walgreens der Kragen: Die Zusammenarbeit mit CVS Caremark sei nicht mehr im Sinne der Kunden, Apotheker und Aktionäre, teilte der Konzern mit. „In den drei Jahren seit dem Zusammenschluss von CVS und Caremark ist uns zunehmend klarer geworden, dass sich die Einstellung von Caremark fundamental verändert hat und dass wir innerhalb des PBM-Netzwerkes nicht länger als Partner geschätzt werden“, so Kermit R. Carwford, Apothekenchef bei Walgreens.

Mit diesem Benehmen wollte sich der Marktführer - 7500 Apotheken, 63 Milliarden Dollar Umsatz - nicht länger abfinden. Die Konzernzentrale in Deerfield, Illinois, teilte mit, dass kein Vertrag mit dem Konkurrenten verlängert werde. Wer in einem von Caremark betreuten Versichertenprogramm ist, kann also künftig seine Rezepte nicht mehr bei Walgreens einlösen - oder muss draufzahlen.

Die Antwort vom Konkurrenten aus Woonsocket, Rhode Island, kam prompt - ebenfalls in Gestalt einer öffentlichen Kündigung: Wegen des unziemlichen Verhaltens des bisherigen Auftragsnehmers löste Caremark sämtliche Verträge mit einer Frist von 30 Tagen beziehungsweise Ende der vereinbarten Laufzeit. Man habe kein Interesse an einer Fortführung der Altverträge auf selektiver Basis.

Laut Caremark sind die vereinbarten Konditionen mit denen der anderen landesweit operierenden Ketten - inklusive CVS - absolut vergleichbar. Trotzdem habe Walgreens immer wieder mehr Geld gefordert, zuletzt mit der „mehr als durchschaubaren Aktion“ vom Montag. „Wir glauben, dass dieser Ansatz den Bedürfnissen unserer Kunden diametral entgegen steht, die in einem herausfordernden Umfeld versuchen, die Kosten für Apothekendienstleistungen überschaubar zu halten“, kommentierte Caremark-Chef Per Lofberg.

Und dann rechnete Lofberg noch vor, warum CVS Caremark - 64.000 Vertragsapotheken, 7000 eigene Apotheken, 99 Milliarden Dollar Umsatz - problemlos auf Walgreens verzichten kann: Heute hätten 85,9 Prozent aller Versicherten Zugang zu einer Apotheke im Umfeld von drei Meilen. Ohne den Marktführer seien es 85,7 Prozent.