Südkorea

Apotheker boykottieren Reckitt APOTHEKE ADHOC, 04.05.2016 14:23 Uhr

Gefährliche Zusätze: Der Chef von Reckitt Benckiser in Südkorea musste sich öffentlich für Todesfälle im Zusammenhang mit seinen Produkten entschuldigen. Screenshot
Berlin - 

Seouls Apotheker boykottieren den britischen Hersteller Reckitt Benckiser (RB) – in Südkorea besser bekannt unter der Marke Oxy. Pharmazeuten und Bürgergruppen beschuldigen den Konzern, zwischen 2001 und 2011 desinfizierende Zusätze für Raumbefeuchter produziert zu haben, die verantwortlich für Verletzungen oder den Tod von Hunderten Koreanern sein sollen. Die Protestierenden fordern von RB eine Entschuldigung und Schadenersatz.

Viele Apotheker in Südkoreas Hauptstadt verkaufen Medienberichten zufolge keine Oxy-Produkte mehr. Sie weisen im Schaufenster ihrer Filialen darauf hin, dass bekannte Marken wie Strepsils, Nurofen und Gaviscon bei ihnen nicht zu erwerben sind.

Seouls Bürgermeister Park Won-soon gab über Facebook bekannt, dass die Stadtregierung ebenfalls die Produkte boykottiere. „Solch amoralischen Unternehmen müssen bestraft werden, um unsere Gesellschaft gesund zu halten“, sagte Park. Insgesamt unterstützen mehr als 37 Bürgergruppen die Proteste gegen RB. Großhändler wie Lotte Mart und Homeplus nahmen Oxy-Produkte aus ihrem Werbeangebot.

Nachdem das südkoreanische Zentrum für Krankheitskontrolle (KCDC) 2011 eine Verbindung zwischen Oxy-Produkten und Lungenkrankheiten vermutete, nahm RB die umstrittene Ware vom Markt. Bis zu 92 Menschen waren nach Regierungsangaben verstorben, nachdem sie konservierende Zusätze für Raumbefeuchter von Oxy verwendet hatten. Insgesamt hätten 530 Personen Beschwerden eingereicht, teilweise auch im Zusammenhang mit Produkten anderer Hersteller.

Während die Staatsanwaltschaft bereits gegen den Pharmahersteller ermittelt, bezieht dieser auf seiner Homepage Stellung. RB entschuldigt sich bei den Opfern für die Tragödie, übernimmt die volle Verantwortung und plant, mehrere Entschädigungsfonds für die Opfer einzurichten. Atar Safdar, RB-Chef von Südkorea, wurde von einem Angehörigen eines Opfers geschlagen, als er sich öffentlich entschuldigte.

RB entstand 1999 durch den Zusammenschluss des deutschen Calgon-Hersteller Benckiser und des britischen Mischkonzerns Reckitt & Colman. Die Wurzeln beider Unternehmen reichen weit ins 19. Jahrhundert zurück: Reckitt war ursprünglich ein Mühlenbetrieb in England, Benckiser startete als Chemiefabrik in Ludwigshafen. Noch heute sind die Nachkommen des deutschen Firmengründers mit 11 Prozent der Anteile größter Aktionär bei RB: Die Familie Reimann aus Mannheim rangiert mit einem geschätzten Vermögen von elf Milliarden Euro auf Rang 4 in einer Liste der Superreichen.

Zu den wichtigsten Produkten gehören neben Cilit, Clearasil, Kukident, Vanish, Veet, Woolite auch Durex, Sagrotan und Scholl.