Italien

Apotheken erringen Kompromiss Patrick Hollstein, 07.01.2008 11:09 Uhr

Berlin - 

In Italien könnten in den kommenden Jahren bis zu 2000 neue Apotheken eröffnet werden. Ein umstrittener Gesetzesentwurf, der bereits im Mai das Unterhaus passiert hat und derzeit im Senat verhandelt wird, dürfte bei einer erneuten Abstimmung um entsprechende Kompromisse des Apothekerverbandes erweitert werden. Im Gegenzug scheint die italienische Regierung bereit, auf die Entlassung von nicht erstattungsfähigen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus der Apothekenpflicht zu verzichten.

Den Vorschlägen der Apotheker zufolge sollen in Italien künftig bestimmte Auflagen bei der Niederlassung und beim Betrieb von Apotheken deutlich entschärft werden. Weil beispielsweise die demografischen und geographischen Beschränkungen gelockert werden, rechnen Experten mit bis zu 2000 Gründungen innerhalb der nächsten zwei Jahre, vor allem in Bahnhöfen, Flughäfen, Autobahnraststätten und Einkaufszentren. Bislang legten die Gemeinden Verteilungspläne für Apotheken fest.

Im Wettbewerb um die Übernahme bestehender Apotheken müssen Pharmazeuten künftig weder eine zweijährige Berufspraxis vorweisen noch eine Prüfung bestehen. Damit auch junge Apotheker im öffentlichen Wettbewerb Chancen haben, wird ein Berentungsalter für Apothekenleiter auf 70 Jahre festgesetzt. Außerdem sollen künftig nur noch Mindestöffnungszeiten gelten; der Arzneimittelbehörde wird die Möglichkeit eingeräumt, bestimmte rezeptpflichtige Arzneimittel wie Herpes-Cremes oder Schmerztabletten als OTC-Produkte zu reklassifizieren. Seit Jahresbeginn gelten in Italien freie Preise für Medikamente zur Selbstmedikation.

Um günstigere Preise auch für verschreibungspflichtige, aber nicht erstattungsfähige Arzneimittel durchzusetzen, hatte die Regierung im ursprünglichen Entwurf Arzneimittel mit einem Volumen von rund drei Milliarden Euro aus der Apothekenpflicht entlassen wollen, darunter auch einige Betäubungs-, Schmerz- und Beruhigungsmittel. Der italienische Apothekerverband hatte das Vorhaben scharf kritisiert und mit Streiks sowie einer Kündigung des Kassenvertrages gedroht. Dagegen hatte der Verband der Betreiber von OTC-Shops vor dem Parlament für die Freigabe protestiert. Die italienische Gesundheitsministerin Livia Turco hatte sich mit ihrem Versuch, die Gesetzesinitiative zu stoppen, schweren Anfeindungen ausgesetzt gesehen. Der Senat wird nun voraussichtlich Ende Januar über das Kompromisspaket entscheiden.