BVDD will Dermatologie revolutionieren

Onlinedoctor: Hautarzt-App übernimmt KI-Start-up APOTHEKE ADHOC, 21.02.2022 07:44 Uhr

Schnellere Befunde dank KI: Onlinedoctor hat das Start-up Assist übernommen. Foto: OnlineDoctor
Berlin - 

Die deutschen Hautärzte haben sich Großes vorgenommen: Sie wollen als weltweit Erste eine dermatologische KI-Anwendung zur Marktreife bringen. Ihr Telemedizin-Portal Onlinedoctor ist deshalb einen neuen Schritt gegangen: Es hat mit den KI-Spezialisten von Assist („Automated Scientific Skin Infection Search Technology“) erstmals ein Unternehmen akquiriert.

Die Dermatologie ist prädestiniert dafür, bei der Etablierung Künstlicher Intelligenz in der Medizin voranzuschreiten: Die Diagnose von Hauterkrankungen ist Mustererkennung par excellence und damit wie für KI-Anwendungen erschaffen. Anders als beispielsweise bei HNO-Ärzten ist dabei oft auch kein physischer Kontakt im engeren Sinne notwendig – das bisherige Konzept von Onlinedoctor basiert deshalb darauf, dass Patienten drei Fotos der betroffenen Hautstelle einsenden und dann im Schnitt sieben Stunden später bereits den entsprechenden Befund des Arztes erhalten. Zum Vergleich: Patienten warten durchschnittlich 35 Tage auf einen Hautarzttermin. Über 40 gesetzliche Krankenkassen erstatten den Service bereits, die Zahl der durchgeführten Behandlungen liegt mittlerweile bei über 70.000.

Dieses Konzept will Onlinedoctor nun auf die nächste Stufe heben: Mit Assist hat das vom Berufsverband der deutschen Dermatologen (BVDD) aus der Taufe gehobene Unternehmen nun den nach eigenen Angaben führenden Entwickler für KI im Bereich der Dermatologie übernommen. „Gerade aus dermatologischer Sicht ist das Thema KI hoch interessant. Wir haben Zugang zu aktuell 600 Dermatologen und damit einen entsprechenden Datenschatz, den wir verantwortungsvoll heben wollen“, erklärt Mitgründer Dr. Philipp Wustrow. „Im Bereich Dermatologie und KI passiert schon seit längerem viel, aber wirklich zur Marktreife hat das bisher noch niemand gebracht. Das wollen wir als Erste schaffen.“

Assist habe einen Prototypen entwickelt, der sich auf Weltniveau bewegt, und für 30 Hauterkrankungen eine Diagnosesicherheit von 85 Prozent habe. Damit sei er ungefähr auf dem Niveau von erfahrenen Dermatologen. „Mit der Technologie können wir das Wissen und die Erfahrung unseres fachärztlichen Netzwerks jetzt in einer KI bündeln“, so Wustrow. Die Übernahme sei Teil der Strategie von Onlinedoctor, das erste KI-gestützte Medizinprodukt in der Teledermatologie weltweit zur Marktreife zu führen.

„Um das nutzbar zu machen, braucht es aber nach unserer Auffassung Inhouse-Power“, sagt Wustrow. „Deshalb haben wir lange geschaut und waren schon länger mit dem Team von Assist im Gespräch, bevor wir uns auf die Übernahme geeinigt haben. Das gesamte Team bildet nun bei uns eine neue Inhouse Unit.“

Besonders die Kombination aus der Technologie von Assist und dem Datenbestand von Onlinedoctor werde die Grundlage dafür bilden, mit der neuen Anwendung einen Nutzen zu schaffen. „Eine KI ist nichts ohne hochwertige Daten. Wir wollen jetzt die Technologie weiter entwickeln und klinische Daten erheben“, erklärt Humanmediziner und KI-Spezialist Dr. Jan-Niklas Doll. „Die Einsatzgebiete sind vielfältig, für uns steht aber an erster Stelle, evidenzbasiert vorzugehen und in diesem stark regulierten Marktumfeld Qualitätsstandards zu setzen.“

Dabei solle die Arbeit der Dermatologen aber keineswegs ersetzt, sondern im Gegenteil erleichtert und verbessert werden. „KI-Systeme können die Qualität und Effektivität der Patientenversorgung verbessern. Dabei bleibt der Dreh- und Angelpunkt das medizinische Wissen und die Verknüpfung mit der ärztlichen Arbeit vor Ort. Die Sorgfaltspflicht und höchste Datenqualität müssen immer an erster Stelle stehen“, so BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski. Wustrow betont ebenfalls, vor allem die Qualität für Arzt und Patient erhöhen zu wollen – und dabei auf höchste Datenschutzstandards zu achten: „Wir wollen dafür sorgen, dass KI die Befundungsqualität erhöht und die Prozesse optimiert, dabei aber anders vorgehen als Google. Wir wollen, dass die Diagnose fest in ärztlicher Hand bleibt.“