Portal sammelt 500 Millionen Euro ein

Doctolib bringt eigene Praxissoftware auf den Markt APOTHEKE ADHOC, 16.03.2022 15:27 Uhr

Alles auf Angriff: Doctolib-Deutschlandchef Ilias Tsimpoulis will hierzulande seinen Markanteil erhöhen – und bläst zum Angriff auf den PVS-Markt. Foto: Doctolib
Berlin - 

Doctolib hat es mit einem Schlag geschafft, zu einem der wertvollsten Digital-Health-Start-ups in Europa zu werden: Das französische Unternehmen hat in einer Finanzierungsrunde 500 Millionen Euro eingesammelt. Laut Handelsblatt will es sich vor allem in Deutschland stärker aufstellen und ein eigenes Praxisverwaltungssystem (PVS) entwickeln.

Medatixx und CGM könnten bald neue Konkurrenz bekommen: Doctolib will ein eigenes PVS auf den Markt bringen. Ähnlich wie der Markt für Apotheken-Warenwirtschaften gilt auch der für PVS als relativ konsolidiert. Dass mit Doctolib nun ein aufstrebender Konkurrent mitmischt, wird als Kampfansage aufgefasst. Es handele sich um „ein Wespennest“, in das Doctolib da sticht, zitiert das Handelsblatt einen namentlich nicht genannten Brancheninsider.

Und die Franzosen wissen, dass sie den deutschen Praxen etwas bieten müssen, wenn sie den Mitbewerbern Marktanteile abnehmen wollen. Die neue Software soll sich nach Unternehmensangaben durch ein breiteres Leistungsspektrum von den bisherigen PVS abheben: So solle es ein Doctolib-Patientenportal geben, mit dem Patientendaten vor dem Praxisbesuch an den Arzt übermittelt werden können, außerdem eine eigene Patientenakte geben, mit der Daten zwischen Arzt und Patient ausgetauscht werden können, und ein Doctolib-Messenger für die Kommunikation zwischen Arzt und Patient.

„Wir werden die Entwicklung des Messengers zwischen den Ärzten und den Dokumentenaustausch zwischen Arzt und Patient forcieren“, wird Deutschlandchef Ilias Tsimpoulis zitiert. 20.000 Ärzte sind in Deutschland bereits zahlende Doctolib-Kunden, hauptsächlich in Praxen, aber auch in Krankenhäusern. Nach eigenen Angaben wird die Plattform allein in Deutschland von 10 Millionen Patienten genutzt, global seien es 60 Millionen. Die größte Zahl kommt aus Frankreich, aber vor allem Deutschland werde laut Tsimpoulis angesichts der politisch angetriebenen Digitalisierung als wichtiger Zukunftsmarkt gesehen. „Wir wissen, dass unser Marktanteil in Deutschland irgendwann wahrscheinlich größer sein wird als in Frankreich“, so Tsimpoulis.

Dafür wird auch Personal benötigt: Momentan arbeiten in Deutschland 600 Mitarbeiter an elf Standorten für Doctolib – 1000 sollen in den nächsten Jahren hinzukommen. Allein das Tech-Team soll bis Jahresende von 100 auf 200 Mitarbeiter wachsen. Insgesamt soll sich die Mitarbeiterzahl des Unternehmens von 2300 auf 5800 mehr als verdoppeln.

Um sich für die Herausforderungen gut aufzustellen, hat Doctolib erst jüngst neues Risikokapital eingesammelt. Mit früheren Investmentrunden zusammengerechnet, kommt Doctolib mittlerweile auf ein Kapital von rund 900 Millionen Euro und spielt damit in der Champions League europäischer Digital-Health-Start-ups. Nach eigenen Angaben liegt der Unternehmenswert bei 5,8 Milliarden Euro. Ebenfalls typisch für die Start-up-Branche: Rentabel ist Doctolib dabei nach Tsimpoulis‘ Aussage noch nicht.