E-Rezept-Probleme

AKNR: „Ärzte und Apotheker stehen inkompetent da“ Laura Schulz, 22.03.2024 14:49 Uhr

Dr. Armin Hoffmann und Kathrin Luboldt von der AKNR bemängeln die vielen Fehler des E-Rezepts und zeigen auf, dass hier nur die Apotheken vor Ort retten. Foto: AKNR
Berlin - 

Das E-Rezept läuft an vielen Stellen nach wie vor nicht rund. Neben Detailfragen, wie der Arztsignatur, die im Voraus offenbar einfach nicht bedacht wurden, machen auch immer wieder auftretenden Störungen Praxen wie Apotheken zu schaffen. Dass die Patient:innen trotz aller Widrigkeiten versorgt werden, sei den Vor-Ort-Apotheken zu verdanken, so die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR).

Aber auch an den Patient:innen ging die Umstellung auf das digitale Rezept nicht spurlos vorbei. Von mehreren Seiten gab es vor allem zum Jahreswechsel Beschwerden, dass die Endnutzer:innen des neuen E-Rezepts zu wenig aufgeklärt worden seien. „Wir beobachten, dass viele Menschen damit überfordert sind“, berichtet Dr. Armin Hoffmann, Präsident der AKNR. „Auf Papier konnte man direkt sehen, was verordnet wurde – sich Notizen oder ein Foto von dem Rezept machen.“ Nun wüssten viele Patient:innen gar nicht, was verordnet wurde.

Hier hätte eigentlich die E-Rezept-App der Gematik ansetzen sollen. Doch die Praxis zeigt, dass die App nur in Ausnahmefällen eingesetzt wird, viele Kritiker:innen bemängeln den Aufwand, der betrieben werden muss, um die App zu nutzen. Auch die AKNR moniert die vielen Hürden. Mangelnde Nutzerfreundlichkeit in Verbindung mit den Kassen-Apps, eine PIN muss bei der Krankenkasse angefordert werden, die Wege, das Rezept einzulösen, seien „vielfältig, verwirrend, komplex“.

Nur Apotheken vor Ort sichern Therapiesicherheit

Dadurch konnte sich in den Apotheken aber immerhin ein simpler Einlöseweg etablieren: das Stecken der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Dieser Vorteil garantiere auch die beste Beratung der Patient:innen, den die Apotheken vor Ort nun einmal lieferten, heißt es von der Kammer. „Wir kümmern uns und lassen niemanden unversorgt – auch und gerade bei der Bewältigung der Lieferengpässe“, so Vize-Präsidentin Kathrin Luboldt. „Nur Apotheken vor Ort sichern zudem die Arzneimittel-Therapie-Sicherheit. Dass der Patient auch wirklich das bekommt, was für ihn bestimmt ist, das sichert nur die Kontrolle der Verordnung durch Fachpersonal in der Apotheke vor Ort.“

Immerhin sichere das E-Rezept per se keine Therapiesicherheit, erklärt Apothekerin Luboldt: „Uns ist bekannt geworden, dass es in sehr seltenen Fällen zu Übertragungsfehlern in den beteiligten Systemen kommen kann und dass das angezeigte Medikament nicht mit dem eigentlich verordneten übereinstimmt. Mir selbst ist beispielsweise passiert, dass ein Mittel gegen Bluthochdruck verordnet wurde – das System aber ein urologisches Arzneimittel abgeben wollte. Nur durch meinen persönlichen Eingriff konnte eine Fehlmedikation vermieden werden.“

Problemfall Signatur „absolut inakzeptabel“

Neben der zusätzlichen Kontrollinstanz sei die Apotheke auch hinsichtlich technischer Herausforderungen oft Retter in der Not. „Dass Server ständig abstürzen, egal bei welchem Dienstleister, ist ein absolutes Armutszeugnis und gefährdet die Versorgung der Menschen“, sagt Hoffmann. Bei der Gematik, den Kassen und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gebe es ein erhebliches Kommunikationsdefizit.

Das macht Hoffmann beispielsweise am Thema Signatur deutlich: „Oft können Apotheken ihre Patienten gar nicht versorgen, weil noch gar kein gültiges E-Rezept vorliegt. Das liegt daran, dass Praxen die Stapelsignatur* nutzen und E-Rezepte nur ein- oder zweimal am Tag digital unterschreiben.“ Dass sich Praxisteams und Ärzt:innen dieses Problems mit der Stapelsignatur, die Hoffmann eigentlich meinte, lange nicht bewusst waren, sei „absolut inakzeptabel“: „Da starten BMG, Kassen und Gematik einen Feldversuch mit Technik, die noch in den Kinderschuhen steckt, und überlassen den Beteiligten, vor allem Ärzten und Apothekern, die Fehler im System und bei der Bedienung zu finden.“

Leidtragende dieses Versuchs seien die Patient:innen, „die die komplexen Zusammenhänge nur selten nachvollziehen können und sich dafür auch nicht interessieren. Wir Heilberufler, Ärzte und Apotheker, stehen inkompetent da – obwohl für diese Missstände andere verantwortlich sind. Und die sitzen fast alle in Berlin.“

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hatte es fälschlicherweise „Stapelsignatur“ geheißen. Wir haben den Fehler korrigiert.