Millionenskandal: Sorge verteidigt Konnektorentausch 03.09.2025 15:25 Uhr
Bei der Gesellschafterversammlung der Gematik im Februar 2022 wurde der Komplettaustausch aller TI-Konnektoren beschlossen – später gab es wegen der ausufernden Kosten massive Kritik. Nachdem der Chaos Computer Club (CCC) gezeigt hatte, dass ein Update möglich sei, sprachen IT-Experten von einem „400-Millionen-Euro-Geschenk“ an die Softwareanbieter. Jetzt musste Tino Sorge (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), noch einmal dazu Stellung nehmen.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, hatte die Bundesregierung aufgefordert, zur Gesellschafterversammlung der Gematik vom 28. Februar 2022 Stellung zu nehmen. Dabei interessierte ihn insbesondere, wer an der Sitzung teilgenommen hat und welche Gründe zum Komplettaustausch aller TI-Komponenten angeführt wurden.
Sorge erklärte, die Teilnehmer der Gesellschafterversammlung – Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), des GKV-Spitzenverbandes, des PKV-Verbands, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), der Bundesärztekammer (BÄK), der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) und der Gematik – hätten den Tausch einstimmig als alternativlose Lösung beschlossen. Dies sei notwendig gewesen, weil die Sicherheitszertifikate der Geräte ausliefen und eine Laufzeitverlängerung technisch und wirtschaftlich zu risikoreich gewesen wäre.
Update erst nach CCC-Recherche
Bereits 2018 habe die Gematik Lösungsansätze für eine Laufzeitverlängerung entwickelt und in Gesprächen mit allen Konnektorherstellern, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und den Gesellschaftern die Machbarkeit geprüft. Nach Einschätzung der Gesellschafter seien die Risiken und Kosten für eine Verlängerung so hoch gewesen, dass der Tausch die sicherste und wirtschaftlichste Lösung darstellte, erklärt Sorge. Auch die Gematik hatte in der Vergangenheit erklärt, dass der Komplettaustausch alternativlos sei.
Gleichzeitig hat man laut Sorge im Dialog mit den Herstellern weitere Alternativen eruiert. Daher konnten der Gesellschafterversammlung der Gematik in ihrer Sitzung vom 29. August 2022 valide Alternativen wie Laufzeitverlängerungen der TI-Gerätekarte gSMC-K und Rechenzentrumslösungen für die Zukunft aufgezeigt werden. „Daraufhin beschlossen die Gesellschafter auf dieser Basis, zusätzliche Wege zu ermöglichen, die zukünftig einen flächendeckenden Austausch der Konnektoren erübrigen“, sagt Sorge. Zuvor hatte der CCC bewiesen, dass ein Update einfach möglich ist.
Treffen mit CGM?
Außerdem wollten Dahmen sowie sein Fraktionskollege Julian Joswig wissen, wie viele Treffen es seit 2019 mit dem Softwarekonzern CompuGroup Medical (CGM) beziehungsweise Großaktionär Frank Gotthardt gegeben hat. Der Konzern als Marktführer im Bereich der Praxisverwaltungssystem gehörte zu den größten Profiteuren des Konnektorentauschs.
Sorge antwortete, dass es dazu im Bundesgesundheitsministerium (BMG) keine Informationen gebe, da keine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Gespräche – einschließlich Telefonate und elektronischer Kommunikation – existiere und eine solche umfassende Dokumentation daher nicht durchgeführt oder vorgehalten werde. Seit Amtsantritt der Bundesregierung hätten jedenfalls keine Gespräche auf Leitungsebene mit Vertreterinnen und Vertretern von CGM stattgefunden. Er selbst habe sich im August zum Thema der „2. Verordnung zur Änderung der Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung“ mit der Selbstverwaltung, dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), einer Patientenvertretung, mit Fachgesellschaften, Kammern sowie Herstellerverbänden getroffen. An dem Gespräch hat auch der Verband Bundesverband Gesundheits-IT-bvitg e. V. (bvitg) in seiner Funktion als einer der maßgeblichen Bundesverbände der Hersteller digitaler Ge-sundheitsanwendungen teilgenommen.
„Umfassende Strukturreformen“
Außerdem wollte der AfD-Abgeordnete Rocco Kever wissen, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus der Warnung des Bundesrechnungshofs (BRH) zur Finanzlage der GKV ziehe und welche Maßnahmen geplant seien, um einen Beitragsanstieg zu vermeiden.
Um die Finanzlage der GKV zu stabilisieren und weitere Beitragserhöhungen zu vermeiden, setze man auf „Gesamtpaket aus kurzfristigen Maßnahmen und strukturellen Reformen“, erklärte Sorge. Kurzfristige Maßnahmen seien die für 2025 und 2026 vorgesehenen Darlehen des Bundes im Umfang von 4,6 Milliarden Euro sowie die Finanzierung des Krankenhaustransformationsfonds aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität.
Um dauerhaft für Stabilität der Beiträge zu sorgen, solle in Kürze eine Kommission eingerichtet werden. „Zudem werden umfassende Strukturreformen in der Versorgung angestoßen, um die Effizienz der Leistungserbringung zu erhöhen und die Ausgabenentwicklung zu bremsen“, betont Sorge.