Hamburger Einigung mit Ärzten

Gegen Rezeptfälscher: Ozempic nur noch per E-Rezept 24.07.2025 10:09 Uhr

Hamburg/Kiel/Schwerin - 

Als Lifestyle-Produkte werden Abnehmspritzen in sozialen Medien beworben und sind begehrt. Gepusht wird die Nachfrage auch durch Promis: Unter anderen der SpaceX- und Tesla-Chef Elon Musk hatte sich öffentlich dazu bekannt, sie zu nutzen. Der Hype ruft Kriminelle den Plan – sie fälschen Rezepte für die gewichtsreduzierend wirkenden Arzneimittel. Mit teuren Folgen für die Apotheken. In Hamburg hat man daher eine Einigung mit den Ärzten gefunden – die Rezeptfälschungen gehen hier zurück.

Gefälschte Rezepte für Produkte wie Ozempic und Wegovy (beide Semaglutid, Novo Nordisk), oder Mounjaro (Tirzepatid, Lilly) kommen immer wieder vor, so ein Sprecher des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein (AVSH).

Während Ozempic zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen ist, sind Wegovy und Mounjaro in der EU aktuell unterschiedlich zugelassen: Wegovy ausschließlich zur Behandlung von Adipositas oder Übergewicht mit begleitenden Erkrankungen, Mounjaro sowohl zur Behandlung von Typ-2-Diabetes als auch für das Gewichtsmanagement bei Erwachsenen mit Adipositas oder Übergewicht und begleitenden Erkrankungen. „Wir haben den Eindruck, dass die Fälscher regelmäßig organisierte Kriminelle sind – das ist sehr auffällig“, heißt es von der AVSH. Die Zahl der Fälschungen habe zuletzt abgenommen: Waren es im Frühjahr teilweise rund drei bis vier gefälschte Rezepte pro Monat, sei die Zahl nun auf eins pro Monat gesunken.

E-Rezept erschwert Fälschungen

Ähnlich sieht es auch in Mecklenburg-Vorpommern aus, so der stellvertretende Kammer-Geschäftsführer Christian Gillot. „Uns erreichen regelmäßig Informationen über Rezeptfälschungen, die große Welle an Fällen zu Ozempic scheint abgeflaut zu sein.“ Grund dafür sei unter anderem die Einführung des E-Rezepts, das Fälschungen erschwere. „E-Rezepte sind ohne erheblichen Aufwand nur schwer zu fälschen.“ Anders sieht das bei den Privatrezepten in Papierform aus, die Fälscher vorlegen.

Problematisch bei möglichen Anzeigen bei der Polizei sei allerdings die Schweigepflicht. Diese könne nur bei Verdacht auf eine Gefahr für die Allgemeinheit oder die einzelne Person umgangen werden – das sei bei Präparaten wie Ozempic und Wegovy aber nur schwer nachzuweisen.

Die Apotheker warnen sich gegenseitig, woran ihnen gefälschte Rezepte auffallen und seien ohnehin wachsamer bei solchen Rezepten, besonders in Papierform. Wenn eine Fälschung in der Apotheke zu spät als solche auffällt oder von der Krankenkasse gemeldet wird, sind in den meisten Fällen die Apotheken die Geschädigten und bleiben auf den Kosten sitzen.

Gestohlene Rezepte in Hamburg

Die Zahl der gefälschten Rezepte für Ozempic und anderen Präparate sei auch in Hamburg rückläufig. Der Grund hier: Apothekerschaft und Ärzt:innen haben vereinbart, dass diese nur über E-Rezepte verordnet werden, erklärt Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins. „Durch die E-Rezepte ist den Fälschern zumeist das Handwerk gelegt.“ Dennoch sagt er: „Die Welle rollt weiter, nach wie vor.“ Die Apotheker in Hamburg seien gewarnt und erkennen Fälschungen in der Regel. Unentdeckt bleiben können Fälschungen demnach allerdings schon, sagte Graue.

Immer wieder tauchten auch vermutlich aus Praxen gestohlene Rezepte mit realen Namen von Patienten auf. Diese „mafiösen Gesellschaften“ seien schwer zu kontrollieren. „Kriminalität ist wie Wasser – und Wasser dringt irgendwie immer durch.“ Anzeigen bei der Polizei hält auch er aufgrund der Schweigepflicht nicht in jedem Fall für umsetzbar. Zudem stehe es den Apotheken frei, sich an die Polizei zu wenden, eine Verpflichtung gibt es laut Graue nicht.

Gestiegene Zahlen bundesweit

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat in den vergangenen beiden Jahren einen Anstieg der Fälle von Rezeptfälschungen beobachtet, mit denen Kriminelle die „Abnehmspritzen“ ergaunern wollen. Eine genaue Statistik gebe es aber nicht.

Die Ersatzkassen hatten zuletzt in ganz Deutschland einzelne Fälle mit Fälschungen von Ozempic- oder Wegovy-Verordnungen registriert, die sich auf das gesamte Bundesgebiet verteilen, teilte die Landesvertretung Hamburg des Verbands der Ersatzkassen (vdek) mit. „Es gibt weder bundesweit noch bezogen auf bestimmte Bundesländer besondere Auffälligkeiten oder Häufungen.“ Zahlen darüber, wie groß der finanzielle Schaden 2024 durch solche gefälschten Rezepte für die Krankenkassen war, konnten laut Kaufmännische Krankenkasse (KKH) nicht verzeichnet werden.